Mittwoch, 1. August 2018

Zirben-Zauber am Dach Tirols



Die Zirbe ist der Trendbaum schlechthin. Am Hochzeiger im Pitztal kann man ihn in all seinen Facetten kennenlernen. Und in Workshops den eigenen Zirbenschnaps kreieren

Der zwölf Meter hohe Erlebnisturm, Foto hochzeiger.com/Daniel Zangerl

Der Anfang ist klar. Man nehme drei bis vier Zapfen und vierteile sie. Doch danach fangen die Fragen schon an. Sollen die Zirbenviertel in Korn eingelegt werden oder in Wodka? Obstler oder weißer Rum? Gehört zwingend eine Zimtstange dazu oder eher Vanille? Brauner oder weißer Kandiszucker? Gewürznelken vielleicht? Oder nichts von allem? Sogar bei der Lagerung des Angesetzten gehen die Meinungen auseinander. Die einen schwören auf Tageslicht, weil so die Kraft der Sonne in den Schnaps ziehen soll, die anderen haben es lieber dunkel. Aber ob nun in Wodka, mit Zimt oder im Hellen, in einem sind sich die Experten dann wieder einig: Das Schwierigste und Anstrengendste beim selbstgemachten Zirbenschnaps ist das Warten. Etwa vier Wochen dauert es, bis der rote Saft der Zirbe ausgetreten ist und sie ihr unverwechselbares Aroma entfaltet hat. Mit oder ohne Licht. Sehr zum Wohle! Oder: sane cum cembra!, wie der Lateiner sagt. Gesund mit Zirbe.

Am Hochzeiger im Pitztal, das über eines der größten geschlossenen Zirbenwälder Nordtirols verfügt, kann man all das und noch viel mehr lernen, ausprobieren und sogar mit nach Hause nehmen. Noch bis zum 23. August findet im Zeigerrestaurant ein Zirben-Kulinarik-Workshop statt. Interessierte können unter fachkundiger Anleitung ihren eigenen Zirbenschnaps ansetzen und dem Küchenteam bei der Verarbeitung und Zubereitung der Zirbe zuschauen. Denn aus der „Königin der Alpen“, wie die Zirbe auch genannt wird, kann man nicht nur Schnaps machen, sondern auch Zirbensuppe, Zirbensenf und Zirbenöl. Schon einmal Zirbencappuccino probiert? Oder eine Zirbenmarinade für den Grillabend? Kostproben gibt es vor Ort. Und, ach ja: Im Zeigerrestaurant am Hochzeiger nimmt man für den Zirbenschnaps Korn und nichts weiter. Außer die geviertelten Zirbenzapfen natürlich und vielleicht ein bisschen Kandiszucker.

Gleich neben dem Restaurant an der Mittelstation der Hochzeiger-Gondelbahn befindet sich der vor zwei Jahren eröffnete Zirbenpark – ein ebenso unterhaltsamer wie lehrreicher Rundweg, auf dem man alles über diese besondere Kiefernart erfahren kann. Auf einem Kilometer Strecke sind 14 abwechslungsreiche Erlebnisstationen aufgebaut. Es fängt damit an, dass man seinen eigenen Zirbenkern in den Waldboden setzt, so wie es der Tannenhäher macht. Dieser Vogel, auch Gratsch gerufen, sorgt für das Überleben und die Weiterverbreitung  der Zirbe, wenn auch unfreiwillig. Er pickt die Kerne aus den Zapfen und versteckt sie für schlechte Zeiten im Boden. Allerdings findet er nur 80 Prozent seiner gebunkerten Kerne wieder. Zur Ehrenrettung des Tannenhähers muss man aber sagen, dass es rund 10.000 Verstecke sind, die sich der arme Vogel zu merken hat. Da kann schon mal der eine und der andere Kern aus dem Blick geraten. Außerdem wächst nur so eine neue Zirbe. Dem vergesslichen Tannenhäher sei Dank.

Die Zirbe wächst so langsam wie kein anderer Nadelbaum und blüht nur alle sechs bis zehn Jahre mit ihren fuchsiaroten Zapfen. „Bis auf 2200 Meter Höhe ist die Zirbe anzutreffen“, sagt Ernst Partl, der Geschäftsführer des Naturparks Kaunertal, zu dem das Pitztal gehört. Es ist die Kampfzone des Waldes, hier überleben nur die genügsamsten Bäume. Dafür ist die Zirbe extrem langlebig, sie kann bis zu 1.000 Jahre alt werden.

Alles, was dazu gehört: Brettljause mit Zirbenschnaps
Foto: hochzeiger.com/Daniel Zangerl
Im Sägewerk von Sepp Reinstadler in Jerzens, das als das Zirbendorf im Pitztal gilt, wird gerade ein Baum angeliefert. „Der hat locker seine vierhundert Jahre auf dem Stamm“, sagt der Chef. Gute Ware. Reinstadler war lange Zeit der Bürgermeister von Jerzens, danach hat er sich voll und ganz der Zirbe verschrieben. Mit seiner Frau Roswitha betreibt er das Sägewerk und mehr. Sie stellen naturreines, ätherisches Zirbenöl in ihrer hauseigenen Destillerie her, ansonsten verkaufen die beiden in ihrem Laden am Sägewerk alles, was die Zirbe hergibt. Und das ist eine Menge. „Früher hat man das Holz einfach verfeuert oder im Wald liegen lassen“, sagt Sepp Reinstadler.

Das passiert heute nicht mehr, dafür ist die Zirbe viel zu kostbar. Sie verströmt das aromatische Pinosylvin – ein Enzym, das auf die menschlichen Zellen wirkt, nachgewiesenermaßen beruhigt und die Herzfrequenz senkt. Klinische Studien belegen, dass man in Zirbenbetten oder mit Zirbenkissen tiefer schläft und pro Nacht rund eine Stunde Herzschläge einspart. Auch Asthmatiker wissen Zirbenholz zu schätzen. Die Zirbe ist der Trendbaum schlechthin. Zirbenbetten, Zirbenkissen – die Preise haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Immerhin kann man nach dem Workshop im Zeigerrestaurant seinen eigenen Zirbenschnaps machen. Zapfen, Korn, Kandis. Warten.


Die Zirben-Kulinarik-Workshops finden bis 23. August jeweils donnerstags im Zeigerrestaurant statt. Die Teilnahme ist gratis, wer seinen selbstgemachten Zirbenschnaps mit nach Hause nehmen möchte, zahlt 15 Euro. Anmeldungen bis zum Vortag telefonisch unter +43 (0)664/ 610 43 21. www.hochzeiger.com, www.pitztal.com

Über das Pitztal
Das Pitztal gilt als eines der schönsten und wildesten Seitentäler der Ostalpen. Es liegt zwischen Ötztal und Kaunertal und besticht durch familiäre Atmosphäre ebenso wie durch die Abgeschiedenheit seiner Bergwelt. Wer mag, erkundet die intakte Natur zu Füßen des höchsten Tiroler Gletschers (3440 m) auf eigene Faust oder schließt sich geführten Wanderungen an, die den ganzen Sommer über angeboten werden. Bei zahlreichen Festen sind Kultur und Brauchtum hautnah spürbar. In den vier Gemeinden Arzl, Wenns, Jerzens und St. Leonhard leben insgesamt 7400 Einwohner.

Text: Tourismusverband Pitztal, Unterdorf 18, A-6473 Wenns

www.pitztal.com