Montag, 17. November 2014

Veranstaltungshinweis: Schulstandorte in Niederbayern

Einladung zur Veranstaltung "Gemeinschaftsschule - Schulstandorte sichern, Bildungschancen verbessern

In Bayern sind derzeit mindestens 163 Haupt-/Mittelschulen im Bestand gefährdet bzw. akut gefährdet. Davon mind. 27 Haupt-/Mittelschulen in Niederbayern. Für die betroffenen Kommunen ist es jedoch u. a. auch für ihre künftige Entwicklung wichtig, dass diese Schulstandorte erhalten bleiben. Darüber hinaus gibt es im gleichen Zuge die Möglichkeit das kommunale Bildungsangebot deutlich zu verbessern, gerechter zu machen und alle Schulabschlüsse an die regionale Schule zu holen. Dies gelingt mit dem in 15 Bundesländern und in den meisten europäischen Staaten vorhandenem Konzept der Gemeinschaftsschule.

Wir, die "Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB)" in der bayerischen SPD laden Sie herzlichst zur Veranstaltung

"Gemeinschaftsschule - Schulstandorte sichern, Bildungschancen verbessern"
am
Donnerstag, den 27. November 2014 um 19:30 Uhr
ins
Wirtshaus-Hotel "Preysinghof", Preysingplatz 19, 9447 Plattling


ein. Mit den ausgewiesenen Schul- und Bildungsexperten


MdL Martin Güll
Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag
ehem. langjähriger Rektor einer großem Haupt-/Mittelschule

Roland Grüttner
Schulentwickler und Schulleiter

und

Ltd. Ministerialrat a. D. Gerd Möller
ehem. Leiter der Abteilung Bildungsforschung im Bildungsministerium NRW

wollen wir Ihnen unter der Moderation von Diplom-Pädagogen Harald Zintl, Leiter des Reginoalbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung Regensburg, das Konzept der Gemeinschaftsschule, deren Vorteile, Pädagogik und Schulabschlüsse, sowie den Weg bis zur Antragstellung vorstellen.




Samstag, 1. November 2014

Erfahrungsaustausch der Arbeitsgemeinschaft Bildung Bayern mit der SPÖ in Wien


Im Rahmen der SPÖ-Bildungskonferenz wurde Marion C. Winter, Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft in Bayern und stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung des Bundes, als Ehrengast zur Teilnahme an einer Podiumsdiskussion eingeladen. Dabei konnte sie den  Genossen in Österreich einen Einblick in die Bildungspolitik in Deutschland gewähren. Und zugleich Eindrücke aus dem benachbarten Österreich mit nach Hause nehmen.

Podiumsdiskussion auf der Bundesbildungskonferenz der SPÖ in Wien

Anders als in Österreich obliegt es in Deutschland jedem Bundesland, Standards in der Schulpolitik zu setzen. In einem vereinten Europa, so Winter, schaffen wir es nicht einmal in unserem eigenen Land ein einheitliches System einzuführen. Eine Tatsache, welche für die  österreichischen Nachbarn schwer nachvollziehbar ist. Erklärungsbedarf bestand auch im Hinblick auf die in Deutschland eingeführte Herdprämie. Diese sei, so die Meinung eines Teilnehmers, absolut kontraproduktiv. Durch sie besuchen gerade diejenigen Kinder, welche es besonders nötig hätten, nicht die Einrichtungen. Worauf Winter ausdrücklich darauf hinwies, dass sich hier eine Idee der CSU durchgesetzt hätte. Die SPD in Deutschland sei gegen das Betreuungsgeld gewesen.

Hier als auch dort besteht hingegen großer Bedarf an Veränderungen im Hinblick auf die  Chancengerechtigkeit bei der Bildung. In beiden Ländern hängt Bildung immer noch stark vom sozialen Milieu der Herkunft ab. Darüber hinaus bringen Arbeiterkinder, laut Karl-Heinz Gruber, Professor em. am Institut für Bildungswissenschaften der Universität Wien,  einen angeborenen Minderwertigkeitskomplex mit, den die Schule überwinden muss. Aber auch bei der Umsetzung der Inklusion ist in beiden Ländern noch viel zu leisten. Diskutiert wird darüber hinaus auch in Österreich über die Schulqualität und die Durchlässigkeit im Schulsystem. Das System der frühen Auslese bestärkt laut Gruber sowohl den Bonus als auch den Malus, den die Kinder in die Schule mitbringen. Der zu einem Referat geladene Universitätsprofessor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Konrad Paul Liessmann und Autor des Buches „Geisterstunde“ sieht die Schule als Zuteilungsapparat von Lebenschancen und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Bildung ein Grundrecht ist. Es handelt sich hierbei um kein Privileg, sondern ein Menschenrecht.

Wie in Deutschland so auch in Österreich wird auf eine vermehrte Einführung von guten Ganztagesschulen gedrängt. Über die Art und Weise wie so eine Schule aussehen könnte bestand ebenfalls Einigkeit. In einer guten Ganztagesschule haben die Kinder, sobald sie das Schulgelände verlassen haben, mit  allen täglichen schulischen Vorbereitungen und Aufgaben abgeschlossen. Womit gewährleistet ist, dass die freie Zeit auch für Freizeit genutzt und das Familienleben entspannt und unbelastet genossen werden kann. Einig ist man sich auch in der Bedeutung der Bildung im Hinblick auf die Vermittlung von sozialer Kompetenz und Bildung der Persönlichkeit.

Im Vorfeld zur Konferenz fand im Karl-Renner-Institut eine schulpolitische Tagung zum Thema „Bildung – Chancen – Gerechtigkeit – Werte, Ziele und Zukunftsperspektiven sozialdemokratischer Schulpolitik“ statt. Hierzu war Peter Höllrigl, Schulamtsleiter der Provinz Bozen, Südtirol eingeladen.  In Italien, so konnte er berichten, gibt es diese Diskussionen  schon lange nicht mehr. Dort ist die Gesamtschule bereits seit 1962 geprobter Alltag. Ein Schulsystem über einen so langen Zeitraum zu beobachten und zu sehen, dass es funktioniert müsste als Beispiel ausreichen, so seine Aussage zu den Diskussionen in Österreich und Deutschland. In Italien unterrichtet man seit Jahrzehnten jahrgangsgemischt, warum sollte das nicht auch anderswo funktionieren. Es gibt eine gemeinsame Beschulung bis zur achten Klasse, Inklusion ist seit 1977 eine Selbstverständlichkeit. Umso unverständlicher  wird es, wenn man bei den Verbesserungsversuchen an den Schulen nicht in das nahe gelegene Norditalien schaut.

Marion C. Winter (li.) mit der Bundesministerin für Frauen und Bildung der SPÖ
Die ebenfalls anwesende Vorsitzende der Aktion kritischer SchülerInnen, Christina Götschhofer,  beklagte die mangelhafte Einbeziehung der Schüler und Schülerinnen. Ihrer Meinung nach würden diejenigen, die es in erster Linie betrifft, zu wenig zu Rate gezogen. In ihrer aktuellen Erscheinung sieht sie die Schule als gutes Training für das Kurzzeitgedächtnis und stellt die Frage: „Was ist das für ein System in dem man in die Schule geht um für Noten und nicht um fürs Leben zu lernen“. Sie wünscht sich in diesem Zusammenhang mehr Vertrauen in die Schüler.


Abschließend wurde eine überwiegende Übereinstimmung der Probleme in der Bildungspolitik in Deutschland und Österreich und die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Reform in beiden Ländern festgestellt. Zukünftig sollten die Kontakte zwischen der Bildungsorganisation der SPÖ und der Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD weiter ausgebaut werden, um sich gegenseitig mit Anregungen zu unterstützen.


Interview zum Thema Ganztagesschule bei Radio Trausnitz


Im Rahmen der Diskussion über die Ganztagsschule in Bayern wurde die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in Bayern (AfB) Marion C. Winter zu einem Interview bei Radio Trausnitz geladen. Dabei nahm sie Stellung dazu, was den Vorteil einer guten Ganztagesschule ausmacht und widerlegte auch das Argument, die Kinder würden dann noch mehr unter Druck gesetzt. Ein wichtiger Aspekt einer guten Ganztagesschule ist auch die Bildungsgerechtigkeit. Aber hört selbst: 





Marion hat es wie immer auf den Punkt gebracht. Ein sehr gutes Interview. Vielen Dank an Frau Edenharter von Radio Trausnitz und Marion C. Winter


Sonntag, 28. September 2014

AfB fordert gute Ganztagesschulen für Bayern

AfB Bayern definiert den Begriff „gute“ Ganztagesschule
Eine gute Ganztagesschule – Ein Weg der sich lohnt: Die Arbeitsgemeinschaft für Bildung in Bayern (AfB) hat in einem einstimmigen Beschluss eine Stellungnahme zur Diskussion um die Ganztagesschule zusammengefasst. Ganztagesschulen als integrierte Schulsysteme sind die Voraussetzung für die Beseitigung des Zusammenhangs zwischen Bildungsherkunft und Schulerfolg. Ziel der SPD ist eine flächendeckende Einführung von rhythmisierten Ganztagesschulen. Hierzu werden alle Verantwortlichen aufgefordert, auf die Abschaffung des Kooperationsverbotes im Grundgesetz zu drängen. Damit Programme der Bundesregierung stärker als bisher auf die Förderung von guten Ganztagsschulen hinwirken können. "Gute Ganztagsschulen" sind schon immer ein Herzensprojekt der SPD, da sie die Chancengleichheit in der Bildungspolitik ermöglichen. Herz, Kopf und Engagement dürfen über den Erfolg einer Bildungs- und Berufskarriere entscheiden, niemals aber der soziale Hintergrund oder die finanziellen Möglichkeiten.

Die Vorstandsmitglieder der AfB Bayern in Nürnberg

Zwar besuchen in Bayern laut Klemm-Studie aus dem Jahr 2013 inzwischen 11,4%  (Bundesdurchschnitt 30,6%) der Schülerinnen und Schüler eine ganztägig arbeitende Schule (davon 25% an privaten Schulen). Den „ganzen“ Tag Schule ist allerdings nicht gleichzusetzen mit einer guten Ganztagesschule. Viel zu oft lernen unsere Kinder nach nicht mehr zeitgemäßen Methoden und in überholten Strukturen. Auch die Pädagogik hat sich an vielen Schulen nicht oder nur wenig verändert. Gerade diese sollte sich aber an den erziehungswissenschaftlichen und schulpädagogischen Erkenntnissen orientieren, insbesondere in einer modernen Ganztagsschule. Ganztagesschule sagt mehr aus als einzelne Unterrichtsstunden oder Betreuungs- bzw. Freizeitergänzung am Nachmittag. Es geht nicht um eine Ausweitung der Unterrichtszeit im Sinne einer Halbtagesschule. Die „Gute Ganztagesschule“ ist Lernort und Lebensraum, der gutes Lernen zu den richtigen Zeiten mit Freizeit-, Übungs- und Erholungs- und Förderphasen verbindet. In einer „Guten Ganztagesschule“ haben die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler mehr Zeit füreinander. Alle Beteiligten im System Schule arbeiten selbstverständlich auch am Nachmittag zusammen. In der rhythmisierten Ganztagsschule wird der an Halbtagsschulen dicht gedrängte Vormittag entzerrt und die Lernphasen, Übungsanteile, Freizeit- sowie kulturelle Angebote auf den ganzen Tag verteilt. Damit werden die Angebote am Vormittag mit den Angeboten am Nachmittag sinnvoll verzahnt.
SchülerInnen und Lehrkräfte nehmen neue Rollen ein und verstehen sich als Lernpartner mit gemeinsamer Verantwortung für den Lernerfolg. Ein angenehmes Schulklima wirkt sich erwiesenermaßen positiv auf die Schulleistungen aus. Desweiteren hat diese Grundhaltung einem heranwachsenden jungen Menschen gegenüber eine Vermittlung und Verwirklichung demokratischer Werte zur Folge. Die LernbegleiterInnen / LehrerInnen schaffen eine Atmosphäre, in der die Schülerinnen und Schüler ihr Urbedürfnis des individuellen Lernens frei entfalten können.
Eine "Gute Ganztagsschule" als Lebensort kann darüber hinaus nicht einfach vollständig über einen längeren Zeitraum schließen. Sie bietet ihre Räume und Einrichtungen offen an und hält Angebote für Ferienzeiten vor. Für die  erfolgreiche Umsetzung ist die Ganztagsschule in rhythmisierter Form unerlässlich. Es braucht dafür mehr Zeit am Tag und innerhalb der Schulwoche, um die wichtigen Bereiche von der individuellen Förderung und Coaching über Vermittlung und Stärkung von sozialen Kompetenzen bis hin zu demokratischer, musischer, sportlicher und künstlerischer Erziehung zu leisten.
„Gute Ganztagsschule“ kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn alle SchülerInnen einer Schule diese an mindestens 4 Tagen in der Woche in der Regel von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr besuchen. Zusätzlich sollte es vor und nach der organisierten Schulzeit sowie ggf. am „freien Nachmittag“ Betreuungsangebote mit freien Inhalten bzw. im Sinne eines Freizeitangebotes geben, damit eine Verlässlichkeit an allen Tagen in sinnvollen Zeiten für die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern gegeben ist. Jede Schule muss diesen Punkt an die Bedürfnisse aller Beteiligten vor Ort anpassen können.
Besonders hervorzuheben ist, dass in einer "Guten Ganztagsschule" keine Hausaufgaben im klassischen Sinne nötig sind. Die Gute Ganztagsschule organisiert dies in Übungs-, Lern- und Förderstunden im Rahmen ihrer Zeitstruktur. Kommen die Kinder und Jugendlichen aus der Schule, können sie ihre Freizeit genießen, sich engagieren sowie am öffentlichen und privaten Leben teilhaben.
Für eine Kind gerechte und erfolgreiche moderne Pädagogik müssen wir umdenken. Weg von der Frage: „Wie muss ein Kind sein, um der Schule gerecht zu werden?“ hin zu der Frage: „Wie muss die Schule sein, damit sie dem Kind gerecht wird?“ Um eine erfolgreiche, am Bildungserfolg messbare „Gute Ganztagsschule“ umzusetzen,  brauchen wir ein neues Selbstverständnis von Schule. Weg von der reinen Lehranstalt, hin zum Lern-, Lebens-, Erfahrungs- und Kulturort, an dem Werte erhalten und vermittelt werden, Integration und Inklusion gelebt werden und alle Beteiligten die Verantwortung für das Gelingen des Lern- und Entwicklungserfolges der Schülerinnen und Schüler tragen.
Die Folge zurückliegender Bildungsreformen ist ein kurzfristiges Lernen großer Mengen von Fakten bzw. Inhalten vor Klassenarbeiten, die nachweislich größtenteils wieder schnell vergessen werden. Eine moderne Schule muss sich dagegen für nachhaltiges anwendbares Lernen engagieren und sich auch um Kompetenzen und die Entwicklung des gesamten Menschen und dessen Bedürfnisse kümmern.
Unsere Kinder sollten das, was sie lernen, mit Neugier und Begeisterung aufnehmen, nicht aber aus Pflichterfüllung wiederholen. Dazu ist es unerlässlich, dass neue erprobte Lernmethoden aus den Erziehungswissenschaften übernommen werden und das dreigliedrige Schulsystem überwunden wird.

Auch unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. Sie ist geprägt durch größere Mobilitätsanforderungen, starke Zuwanderungen von Menschen unterschiedlicher Kulturkreise, Instabilität vieler Arbeitsverhältnisse, Notwendigkeit von Integration und Inklusion (UN-Menschenrechtskonvention). Die Heterogenität nimmt zu, die Vorstellung von homogenen Klassen war nie richtig und ist nun erwiesenermaßen überholt. In Zukunft müssen die Lehrkräfte mehr moderieren als dozieren, um die Fähigkeiten jeder/s Einzelnen zu finden und zu fördern. Eine gut aufgebaute und funktionierende rhythmisierte Ganztagesschule ist eine Entlastung für alle Beteiligten. Notwendig dafür ist ein Ende des Denkens in Zuständigkeiten: Wie in den Kommunen,  Schulen und Jugendhilfe für eine gute ganztägige Bildung an einem Strang ziehen müssen, muss auf Landesebene Bildungs- und Sozialpolitik zusammengedacht werden.

Donnerstag, 25. September 2014

Und wenn sie nicht weiterfahren, dann stehen Sie morgen noch da im Stau auf der Tauernautobahn

Mein ganz persönlicher Stau auf der Tauernautobahn

Stau stört mich im Allgemeinen nicht so sehr. Schon gar nicht, wenn kein Termin im Nacken sitzt. Und - weil man den eben nie ausschließen kann, wenn man sich zur Hauptverkehrszeit von Bayern aus in Richtung Süden und wieder zurück bewegen will. Da gibt es den Verkehrsknotenpunkt in der Nähe von Udine, dann die Mautstationen und die Tauernautobahn. Ein Nadelöhr, durch das alle durch müssen, egal ob hin oder zurück. Deswegen bin ich für solche Eventualitäten auch gerüstet, mit Kaffee, mit Viktualien, sprich Lebensmitteln, mit gekühlten Getränken und sogar mit Kartenspielen. Same procedure as every year. Man kann Glück haben und durchrutschen, aber eben auch nicht.


Und wenn ein Unfall passiert und man grad ein paar Meter danach unterwegs ist, dann geht eben nix mehr. Da heißt es aussteigen und geduldig der Dinge harren, die da kommen. Irgendwann geht es bestimmt weiter. Normalerweise. Also die Landschaft genießen so gut wie möglich, hoffen dass jetzt grad keiner aufs Klo muss und den Kaffee, die Brötchen, das Buch und das Spiel auspacken. Und beobachten, wann sich die Schlange wieder in Gang setzt.

Und – das sollte man wissen – das Licht ausschalten und auch die Kühltruhe und das Navi. Sonst hat nämlich auch das geduldigste Auto irgendwann die Schnauze voll. Normalerweise macht das auch jeder. Ich mal wieder nicht. Weshalb nicht  - keine Ahnung. 

Jedenfalls – wir haben 90 Minuten die Landschaft genossen, den Wasserfall unter der Brücke als reizvoll befunden und die grasenden Ziegen beobachtet. Kaffee getrunken, Brötchen gegessen und ein wenig in einem Buch gelesen. Als sich plötzlich die Schlange wieder in Gang setzte.

Ein Zeichen auch für uns, langsam wieder die Seatbelts zu fasten und sich für die Weiterreise zu rüsten. Iss ja doch immer schön, wenn es wieder weiter geht. Aber die Rechnung haben wir ohne dem Auto gemacht. Der bockte nämlich. Was fällt uns auch ein, ihn da stehen zu lassen. Autos sind auch nur Sachen, die beachtet werden wollen. Jetzt ist die Batterie alle. Alle anderen fahren weiter, nur wir nicht. Mein Auto macht beim Anlassen nur ein müdes gar Nichts. Blöde Sache.

Also, das Warndreieck ausgepackt, die Warnweste angezogen und freundlich gewunken. Ich seh schon, wie wir von allen Vorbeifahrenden bedauert werden. Aber allein vom Mitleid der anderen setzt sich mein Auto nicht wieder in Gang. Früher hätten wohl noch ein paar Herren der Schöpfung hilfsbereit angehalten. Aber heute. Nun – die Zeichen der Zeit sind auch an mir nicht spurlos vorübergegangen. Ich hätte meine Tochter hilfesuchend an den Straßenrand stellen sollen. Da hätten wohl noch ein paar Herren angehalten. Aber was soll`s.

Und jetzt zeigt sich, dass ich ob meiner Dummheit wohl immer Glück im Unglück habe. Ganz weit hinten blinkt was Oranges. Sieht aus wie ein Fahrzeug vom ÖAMTC. Tatsächlich, so ist es auch. Auf unser Winken hält der auch gleich an. Meine Frage ob ihn schon jemand wegen mir gerufen habe amüsiert ihn. Nein, er ist ohnehin hier unterwegs. Und wir sind bereits der vierte Wagen, der auf der Strecke liegen geblieben ist. Und erfahrungsgemäß warten da auch noch mehr. Wenigstens,  ich bin nicht die einzige Doofe, die mehr Vertrauen in die Autobatterie gesetzt hat als die verdient.

Was er kriegt frage ich ihn und er lächelt nur bedauernd, ich werde doch jetzt nicht anfangen, die Daten aufzunehmen. Ich soll mich ins Auto setzten und sehen dass ich weiterfahre, sobald er mein Auto fremd gestartet hat. Es eilt. Schnell noch das Warndreieck einsammeln und Gas geben macht mir der freundliche Mann vom ÖAMTC deutlich. 

Und mir fällt nichts Dümmeres ein, als nur noch schnell die Beifahrerscheibe runter zu kurbeln und ihm einen typisch italienischen Kuchen in die Hand zu drücken. Er guckt erstaunt aber irgendwie doch erfreut und packt sein Starthilfegerät ein. Schon ist er von dannen. Ich seh zu, dass ich weiterfahre und beobachte tatsächlich noch mehrere Wagen, die am Straßenrand unfreiwillig parken. Erst ein paar Meter später fällt mir ein. Besser wäre es gewesen, dem freundlichen Wesen einen Zehner Trinkgeld in die Hand zu drücken anstatt eines blöden Gebäckteils.

Fazit. Ich freu mich, dass es noch so nette Menschen gibt und er denkt sich vermutlich, blöde Kuh. Das einzige was ich jetzt noch tun kann ist den ÖAMTC positiv zu erwähnen. Und beim nächsten Mal – was es hoffentlich nicht gibt - Kleingeld bereit zu halten und geistesgegenwärtig einen rettenden gelben Engel zu entlohnen, wie er es verdient  hat.

Mittwoch, 17. September 2014

Die Beziehung zwischen Bayern und Italien


Wie sagte schon Georg von Vollmar (1850-1922), erster Vorsitzender der bayerischen SPD: „Es kann doch nicht jeder Mensch ein Preuße sein“.

Ja, nee ist klar. Die Bayern sind gar keine Deutschen, sondern verhinderte Italiener und umgekehrt. Pasd scho. Je heißer die Sonne tagsüber auf den Denkapparat brennt umso drastischer werden die Aussetzer am Abend. Aber so abwegig ist der Gedanke gar nicht. Der Beziehung zwischen Bayern und Italien widmete sich 2010 sogar die Bayerische Landesausstellung. 

Was tat sich denn im Bayernland, als es noch gar keine Bayern gab. Nun 8000 vor Christus gab die Eiszeit das Gebiet für die umherziehenden Völker frei, 4000 Jahre später begann man mit der Besiedelung. Diese Ur-Bayern von Kelten schließlich bewiesen schon damals die typisch bayerische Fähigkeit, das was nicht zu ändern ist, geduldig über sich ergehen zu lassen. Und mit allem Neuem und Fremden fertig zu werden, auch wenn es ungefragt über sie hereinbricht.

Ausrotten lassen sich die Bayern ohnehin nicht und so vermischte man sich im Zuge der Romanisierung mit den um 15 v. Chr. einfallenden Römern. Fast ein halbes Jahrtausend hatten sie Zeit Einfluss und Charaktermerkmale anzunehmen. Um 900 reichte Bayern dann sogar bis an die Adria, wie ewig Gestrige gerne betonen. Und erst unter den Karolingern, Luitpoldingern, Sachsen und Welfen machte sich eine Tradition des vermeintlich rechten Glaubens einhergehend mit dem Misstrauen allem Neuen gegenüber breit.

Italienische Künstler sorgten dafür, dass sich die Italiener in Bayern und die Bayern in Norditalien fast wie zu Hause fühlen. Passau bezeichnet man als das Venedig des Nordens, München als die nördlichste Stadt Italiens. Der bayerische Löwe sieht dem venezianischen verblüffend ähnlich und um 1700 kreiste sogar die „Buccentauro“ auf dem Starnberger See, ein Schiff prächtiger als sein venezianisches Vorbild.  

Ist es da ein Wunder, wenn sich der Bayer nicht als Deutscher fühlt. Eben weil es uns auch an preußischen Obrigkeitshörigkeit fehlt. Zwar möchte man angesichts unserer Treue zur Regierung etwas anderes vermuten. Aber das ist eine ganz symptomatische Art von Bewunderung. Es handelt sich dabei vielmehr um das bekannte „Hund sans scho“. Eine Art Anerkennung für findiges Handeln, aber nicht etwa weil es dem Gesetz entspräche. Sondern ganz im Gegenteil. Eben gerade weil es geschickt bestehende Gesetze umgeht. Die Italiener stehen uns da in nichts nach.

Folgendes Beispiel zeigt deutlich die Abweichung in der Staatsauffassung zwischen München und Berlin. Das  bayerische Verhältnis zur Obrigkeit war immer schon ein freundschaftliches, weniger ein unterwürfiges. Während im November 1918 auf der Theresienwiese in München die Revolution ausbrach, spazierte der letzte bayerische König Ludwig III., liebevoll auch „Millibuberl“ genannt, nichtsahnend im Englischen Garten herum. Worauf ihm ein Untertan wohlwollend zurief: „Majestät, gengans hoam sonst passiert eana was“.

Die italienische „Freunderlwirtschaft“ hat ihr Synonym in der bayerischen „Spezlwirtschaft“ (abgeleitet aus dem lateinischen Wort species) und gipfelte 1993 im Bestechungsskandal um den bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl in der so genannten  Amigo-Affäre - abgeleitet aus dem italienischen Wort Amigo für Freund. Bayern ist das älteste Bundesland und darüber hinaus ein Freistaat. Und die Italiener – tja, die haben ja sowieso auch ihren Staat im Staat.

Einzig und allein die Hierarchie der katholischen Kirche besitzt eine unausgesprochene Allmacht. Römisches Christentum war von Anfang an Reichsreligion in Bayern, auch wenn es bis heute noch nicht ganz gelungen ist gegen den vorherrschenden heidnischen Aberglauben anzugehen. In Bayern hat jedes Dorf seine Kirche und sein Wirtshaus, in Italien ist das nicht anders.

Eine italienische Piazza oder der Odeonsplatz in München?

Wahrlich - der Genuss von Wein oder Bier unterscheidet uns. Wobei dazu zu sagen ist, dass die Bayern ursprünglich auch mehr dem Wein zugeneigt waren. Es handelt sich hier wiederum um eine aufgezwungene Maßnahme, die wir ein weiteres Mal geduldig über uns haben ergehen lassen. Schlecht ist das Bier ja auch nicht. So beschreibt Johannes Aventinus in seiner Bayerischen Chronik 1566 die Sitten der Bayern folgendermaßen: „er ist frei, dient seinem Herrn, der sonst keine Gewalt über ihn hat, tut was er will, trinkt Wein und läuft gerne wallfahren“.

In Italien fuchtelt man ständig mit den Händen. Und wenn man genau hinschaut machen wir Bayern das auch. Beim Reden, beim Schuhplatteln, beim Goaßlschnalzn und sogar beim Maßkrugstemmen. Hand aufs Herz – erkennen wir da nicht ganz eindeutig die Seelenverwandtschaft zwischen den Südländern und den Süddeutschen.

Wahre Freunde kann niemand trennen, nicht einmal die Alpen
Darüber hinaus bestehen seit über 2000 Jahren enge Verbindungen zwischen Bayern und Italien. Nicht nur durch die geografische Nähe, sondern auch durch den steten kulturellen Austausch untereinander. Norditalien liegt uns also nicht nur mental näher. Berlin ist uns ferner als Verona, Venedig oder auch der Gardasee. Wir Bayern sind die Maut gewohnt - jedesmal wenn wir gen Süden fahren. Da ist es doch auch kein Wunder, dass gerade ein Bayer auf die glorreiche Idee gekommen ist sie auch bei uns einzuführen.

Und außerdem – jedes Jahr – wenn die Preußen weg sind, dann fällt eine Art bayerische Invasion am Mittelmeer ein. Die Adriaküste wird von den Bayern annektiert. Was sich im Verlauf weniger Wochen während des Oktoberfestes umkehrt und gleichzeitig beweist, dass die Italiener nicht minder gerne Bier trinken wie die Bayern.

Und noch ein Merkmal haben wir gemeinsam. Es ist dieses was uns gerne den Ruf als träge einbringt, das va bene oder wird scho werdn. Dieser Hauch von Desorientiertheit und Ziellosigkeit. Die königlich bayerische Gemütlichkeit als Pendant zum italienischen Lifestyle des Genießens immer und überall.


Wer jetzt allerdings auf die Idee kommen mag, dieses Sammelsurium entstünde aus dem Wunsch der Gründung einer Alpenrepublik aus Altbayern, Österreich, Italien und der Schweiz hat weit gefehlt. Es ist vielmehr der verzweifelte Versuch einer Erklärung, weshalb der Bayer manchmal ganz was anderes meint als der werte Preuße versteht. Und die Frage nach der Identität mit der abschließenden Kernaussage: Mia san halt mia. 

Sonntag, 31. August 2014

Weihrauch, Geranien und Blau gegen die Mückenplage

Weihrauch vor dem Fenster hilft gegen Mücken


Als wir vor etwa zwei Jahrzehnten dieses Haus gekauft haben, war alles braun. Türen - braun, Teppiche - braun, Dachuntersicht - braun. Braun harmonisch kombiniert mit BRAUN. Auch die Fensterläden. Die habe ich mir ganz zum Schluss vorgenommen. Nachdem die Innentüren und einiges mehr entbräunt worden waren, beschloss ich die Fenster und auch die Läden blau zu streichen. Intensiv blau, fast griechisch. Damals eine noch recht ungewöhnliche Farbe  in Niederbayern :-) Meine Mutter faselte was von Geschmacksverirrung und ein paar verwunderte Blicke von Vorbeigehenden ernteten wir auch. Mittlerweile gibt es einige Häuser mit blauen Fenstern, ja sogar mit rosaroten. Worüber ich mich hier gar nicht auslassen werde. Vielleicht wird ja das der neue Trend.

Was mich allerdings ein paar Monate nach meiner Streich-Aktion überrascht hat war die Aussage einer älteren Dame: ob wir denn die Fenster wegen der Mücken blau gestrichen hätten. Nun, ich wusste ja, dass hier in Bayern üblicherweise Geranien vor den Fenstern gepflanzt werden. Nicht wie die Touristen denken wegen der Optik. Sondern wegen der Funktionalität. Mücken und Fliegen mögen den Geruch dieser Pflanzen nicht. Aber als mir die Dame sagte, auch blaue Fenster würden Mücken und anderes Ungeziefer fernhalten war ich doch recht erstaunt. Eines muss ich allerdings sagen, möglich ist es schon. Denn obwohl bei mir ringsum immer wenn es Wetter technisch geht alles offen ist - und ich habe dank vieler Terrassentüren zahlreiche Möglichkeiten Luft in die Räume zu lassen - hält sich das tatsächlich in Grenzen.

Noch weniger Mücken, um nicht zu sagen gar keine mehr habe ich allerdings neuerdings im Büro. Dort, wenn abends das Fenster offen war und das Licht brannte, haben sich doch immer wieder gerne Käfer, Insekten und sonstiges Ungetier ein Stelldichein gegeben. Abhilfe schafft jetzt zusätzlich eine Weihrauchpflanze (plectranthus coleoides) vor dem Fenster.

Zurückzuführen ist das auf die enthaltenen ätherischen Öle, die in diesem Fall harzig, Weihrauch ähnlich duften. Der Geruch soll übrigens auch Motten vertreiben. Deswegen wird die Pflanze auch Mottenkönig genannt. Die Annahme, dass eine Plectranthus auch Katzen vertreibt kann ich hingegen nicht bestätigen. Meine Katzen springen trotz Weihrauch immer noch durch das mit ihm verzierte, geöffnete Bürofenster.

Montag, 25. August 2014

Das niederbayerische Nizza: Eichendorfer Blumenkorso wieder unterwegs

Der spektakuläre Eichendorfer Blumenkorso rollt nach 25jähriger Pause endlich wieder. Anlässlich der 750-Jahr-Feier des Marktes wurde eine alte Tradition aus der Versenkung geholt. Diesmal zum richtigen Zeitpunkt. Als nämlich 1951 der erste Blumenkorso initiiert wurde, hatte man sich im Datum geirrt. Läppische 13 Jahre zu früh beging man die 700-Jahr-Feier von Eichendorf, gesprochen "Oachadoaf".  






Handelte es sich damals noch um prächtige Pferde-
gespanne, welche die eindrucks-
vollen Pflanzen-
arrangements hinter sich her zogen, sind es heute fast nur motorisierte Fortbewegungsmittel. Überwiegend jedoch Oldtimer und so wie es sich für eine ländliche Region gehört darüber hinaus sehr viele historische landwirtschaftliche Traktoren. Die in den Jahren nach 1955 im Rahmen der Motorisierung neu waren und somit sehr viel Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute beeindrucken sie wieder und zwar als nur noch selten anzutreffende Oldies mit tuckernden Geräuschen und ungewohnten Formen.




Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte hieß es in den Jahren vor 1970. In diesem Fall die Organisatoren. Der so genannte Volksfestkrieg zweiter ansässiger Brauereien und zweier direkt aneinander angrenzender Gemeinden - unter anderem auch um den Blumenkorso - machte die Runde und lockte über 20000 Besucher nach Niederbayern.












1989 endete die bis dahin jährlich statt findende Prozession durch die Straßen des Ortes jäh mit dem Tod des Förderers, des Reichsgrafen Otto von Arco auf Valley. Sollte die Wiederauflage des Blumenkorsos von Erfolg gekrönt sein, so lässt sich hoffen, dass nunmehr wieder alle drei Jahre Blumen geschmückte Fahrzeuge mit individuellen Motiven Besucher aus ganz Niederbayern anlocken. 



Zu wünschen wäre es. Denn obwohl der Treck mangels Erfahrung nur sehr schleppend um die Ecke kam, waren die meisten anwesenden Besucher von der Farbenpracht und der originellen Bildnisse der 36 Fahrzeuge wahrlich beeindruckt.



Sehr wahrscheinlich stammt auch die Familie des berühmten Dichters Joseph von Eichendorff, berühmt für seine Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts" sowie durch zahlreiche Gedichte hier aus dem kleinen Fleck Eichendorf in der Nähe der Dreiflüssestadt Passau. Seine Werke "O Täler weit, o Höhen" oder "In einem kühlen Grunde" sind aus der deutschen Lyrik nicht mehr wegzudenken.

















Montag, 18. August 2014

Griesnockerlsuppe bavarian style - auf zweierlei Art

Man muss die Feste feiern wie sie fallen


Jedem Dorf seine Kirche und sein Wirtshaus heißt es im Bayernländle - auch heute noch. Praktischerweise befindet sich selbiges meist direkt neben dem Gotteshaus. Fast jede Ortschaft hat darüber hinaus sein eigenes Fest und Festtage, die üblicherweise mit einem Kirchgang begonnen werden. Obligatorisch ist der Frühschoppen nach dem Besuch der Messe - "da Kirch". Die räumliche Nähe der beiden Treffpunkte hat den Vorteil, dass man - sollte die Kirche bereits überfüllt sein - gleich im Wirtshaus auf die anderen warten kann. Und weil in der Nähe meist auch das Rathaus liegt, behaupten böse Zungen, dass dadurch der Begriff "Wahllokal" in Bayern eine ganz besondere Bedeutung gewinnt. Was natürlich die Wahlergebnisse seit fast einem halben Jahrhundert erklären könnte.









                                                                                                









Man feiert also die Feste so wie sie fallen mit einem Sonntagsbraten, zu dem natürlich auch eine leckere Vorspeise gehört. Oft eine Suppe mit herzhaften Einlagen wie Leberknödel oder auch Griesnockerl. Die Suppe war übrigens lange Zeit eine Morgenmahlzeit, welche vor der Frühmesse eingenommen wurde. Weshalb man auch häufig von einer "Kaffeesuppn" spricht. Die bestand meist jedoch aus einer Einbrenn (Mehlschwitze) und Wasser. Woraus sich auch der bayerische Ausdruck auf da "Brennsuppn daher gschwumma" ableiten lässt. Übersetzt heißt das, dass jemand geistig so einfach gestrickt ist wie eine Suppe.

Die These, dass die Griesnockerl die Nachkommen der italienischen Gnocchi sind, die von den zahlreichen in Bayern tätigen italienischen Bauarbeitern während der Barockzeit nach Bayern mitgebracht worden sind, ist jedoch nicht gesichert. Anders als die "Griaßnockerln" werden die Gnocchi aus Kartoffelteig hergestellt. Die Griesnockerl sind auch eine wichtige Zutat für die so genannte Hochzeitssuppe, der aber dann noch Pfannkuchenstreifen und Leberspätzle beigefügt werden.

Die erste und wohl schnellere Methode die Nockerl zuzubereiten ist diese:

125 ml Milch, 10 g Butter, Salz und Muskat zum Kochen bringen, vom Herd nehmen, 50 g Hartweizengries einrühren und nochmal eine Minute erhitzen, dann das Ei untermengen und mindestens 5 Minuten durchziehen lassen. Mit einem Teelöffel die Nocken formen und in Suppenbrühe nochmal 5 Minuten leicht kochen lassen und mit Schnittlauch garnieren.

Kalt zubereitet dauert die Herstellung ein wenig länger, der geschmackliche Unterschied hält sich dabei in Grenzen

50 g Butter, 1 Ei, etwas Salz und Muskat schaumig rühren, dann 100 g Hartweizengrieß zugeben und gut miteinander verarbeiten. Mindestens 10 bis 30 Minuten stehen lassen. Mit Hilfe eines Teelöffels längliche Nocken formen und in kochendes Salzwasser legen. Einmal kurz aufkochen, dann 30 Minuten leicht ziehen lassen. Anschließend die Nocken in Suppenbrühe mit Schnittlauchröllchen servieren.

Wer möchte kann ein Probenockerl kochen, um zu sehen, ob die Nockerl die richtige Konsistenz haben und nicht auseinanderfallen. Auf jedem Fall müssen die Nocken zart und fluffig werden. Sie eignen sich nicht nur als Suppeneinlage, sondern sind auch eine gute Beilage für Fleisch- und Fischgerichte. Guten Appetit und lasst mich wissen, wie es geschmeckt hat :-)

Sonntag, 17. August 2014

Damit das nicht zu unübersichtlich wird, findet Ihr meine Posts zum Thema Reise ab sofort auf meinem

Reiseblog


Donnerstag, 10. Juli 2014

Hitzewarnung am Weißwurstäquator - Wurst nicht davon bedroht

Retter in der Not - der Kühlschrank

Trotz Hitzewarnung müssen sich die Menschen jenseits des Weißwurstäquators keine Sorge um ihre Lieblingsbrotzeit machen. Dem Kühlschrank sei dank. Auch die uralte Regel, eine Weißwurst darf das 12-Uhr-Läuten nicht überstehen, ist längst überholt. Dies war einst nur der Tatsache geschuldet, dass die Weißwurst nicht gepökelt ist und deswegen leicht zu gären beginnt. Die Maßnahme war also allein aus Haltbarkeitsgründen notwendig. Der moderne Kühlschrank verhilft den Menschen zu dem glücklichen Umstand, dass man nun seine Weißwurst auch gemütlich abends im Biergarten verspeisen könnte. Könnte wohlgemerkt - selten wird man in einem typisch bayerischen Biergarten nach Mittag noch eine Weißwurst auf der Speisekarte finden.




Aber was hat es nun auf sich mit dieser geheimnisvollen Speise, um die sich die Geister streiten. Die einen lieben ihren unvergleichlichen Geschmack, die anderen finden sie hat überhaupt keinen. Man liebt oder man hasst sie eben wie so vieles in Bayern. Da kommt es ganz drauf an, ob man in Sachen Weißwurst den Metzger seines Vertrauens gefunden hat, sowie auf die Art und Weise der Verabreichung. Vorwiegend sollte sie aus Kalbfleisch gemacht und die geheimnisvolle Würze in ausreichendem aber nicht übermäßgem Maß vorhanden sein,.

Das Licht der Welt erblickte die Wurst, die heute aus der bayerischen Lebensart nicht mehr wegzudenken ist, eigentlich als reines Zufallsprodukt. Der Metzgergeselle Moser Sepp wollte am 22. Februa. 1857, einem Faschingssonntag, im Petershof am Marienplatz eigentlich Kalbsbrühwürste herstellen. Wofür ihm aber zum Glück die Schafsaitlinge fehlten. In der Not füllte er die Masse in doppelt so zähe Schweinedärme und briet sie nicht, aus Angst sie könnten platzen. Sondern brühte sie im warmen Wasser und siehe da - die Weißwurst war erfunden.

Heute gehört der obligatorische Senf unbedingt dazu - süss versteht sich - und ein frisches Weizen sowie eine Brezn. Serviert werden sie traditionell in einer Terrine in heißem Wasser schwimmend. Lauwarme Weißwürste schmecken nämlich wirklich nicht. Die Toleranz des Bayern zeigt sich übrigens auch an folgendem Beispiel. Man vermeidet es tunlichst hin zu schauen, wenn am Nachbartisch eine Weißwurst malträtiert wird. Das entspricht nicht dem bayer. Lifestyle. Die Art und Weise sie zu sich zu nehmen war früher übrigens ebenfalls genau reglementiert.

Ein No Go ist es heute noch, die Haut mitzuessen. Zuzeln, also sie mit den Zähnen aus der Haut zu ziehen, sie der Länge nach aufschneiden, halbieren und mit dem Besteck die Haut abziehen - alles erlaubt. Nur bitte nicht mitsamt der Haut aufessen. Da braucht es einen nicht wundern, wenn sie nicht schmeckt. Auch wenn es das veränderte Herstellungsverfahren mittlerweile möglich macht sie mit Messer und Gabel ein zu stechen, da im Gegensatz zu früher dabei jetzt kein Wasser mehr heraus spritzt. Kesselfrische Weißwurst bedeutet,, sie ist ganz frisch vom Metzger hergestellt und zubereitet, normal wird die Weißwurst produziert, kalt gemacht und dann in der Kühlung aufbewahrt bis zum Verzehr.

Der so genannte Weißwurstäquator - ebenfalls heißt diskutiert - verläuft offiziell am Main als Trennlinie zu den nicht bayerischen Gefilden. Dies ist zwar nicht im 1957 durchgeführten ersten Weißwurstkongress reglementiert worden, eine Weißwurstresolution enthält dafür aber einige andere amüsante Dinge. Festgelegt wurde zum Beispiel, unabdingbar Bier zur Weißwurst zu konsumieren.  Auch wie die Weißwurst zu verzehren ist, wobei schriftlich festgehalten wurde, dass es den Preußen nicht zu ihrem Nachteil gereichen sollte, wenn sie nicht ordnungsgemäß dabei vorgehen. Und nein, es sollte auch nicht als strafbare Handlung angesehen werden.

Das älteste schriftliche  Rezept einer bayer. Weißwurst ist das Rezept für eine "Münchner Bratwurst gebrüht"". Das einzige Weißwurstdenkmal auf der ganzen Welt steht übrigens in Freising, hergestellt aus Untersberger Marmor.

Das Kochen an sich ist eine Philsoophe. Der Fachmann empfiehlt das Wasser der Weißwurst unbedingt zu salzen. Das hebt den Geschmack. Den Geschmack hebt es übrigens nicht, wenn die Würste geplatzt sind. Deshalb werden sie auch nicht in Wasser gekocht, sondern lediglich gebrüht. Die einzige Chance überhaupt außerhalb Bayerns einigermaßen annehmbare Weißwürste zu bekommen sind nebenbei bemerkt die Schock gefrorenen da.ihnen der Geschmack annähernd erhalten bleibt. Bei allem anderen was man im "Ausland" so auf dem Markt vorfindet - abgepackt oder in Dosen - wundert es einen nicht, dass es gelegentlich immer noch Kostverächter in Sachen Weißwurst gibt.

Montag, 30. Juni 2014

Keine Rückkehr zum alten 9jährigen Gymnasium fordert die AfB Bayern

Die AfB Bayern fordert ein „neues G 9“

Keine Rückkehr zum alten 9jährigen Gymnasium

Die Diskussion um die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium veranlasst den Landesvorstand der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in Bayern zur Stellungnahme. „Was ganz wichtig ist“, betont die Landesvorsitzende Marion C. Winter, „ist dass wir ein neues G 9 wollen und kein Zurück zum alten G 9 und auch keine einfache Verlängerung des G 8 auf neun Jahre“. Wir brauchen eine andere inhaltliche Ausrichtung.

Die AfB Bayern spricht sich gegen eine Neuauflage des alten G 9 aus

Wie sich anhand der langjährigen Erfahrungen im Hinblick auf die jetzige G 8 herausgestellt hat, brauchen zahlreiche Schüler und Schülerinnen mehr Zeit, um die Inhalte nachhaltig zu erlernen. Wissen, welches schnell in sich hinein gepresst wurde, um danach wieder vom schnell darauf folgenden nächsten Stoff ersetzt zu werden, kann nicht als „gelernt“ angesehen werden. Diese Art des so genannten Lernens fördert auch nicht die Vorbereitung auf das angestrebte Ziel – das Studium. Eine bloße Verlängerung der Schulzeit ohne Veränderungen in den Lehrplänen und Strukturen jedoch führt  zu keiner Verbesserung der Studierfähigkeit der Absolventen. Ebenso darf nicht einfach auf das alte G 9 zurückgegriffen werden. Ohne umfangreiche Umstrukturierung wird auch das neue G 9 zum Scheitern verurteilt sein.

Unsere Schüler brauchen fundiertes Wissen und eine gute Vorbereitung, um den auf sie zukommenden Anforderungen gerecht zu werden. Ziel muss es weiterhin sein, die Schule als Lebensraum zu begreifen. Ein Lebensraum, in dem darüber hinaus Bildungsgerechtigkeit herrscht. Die soziale Herkunft darf nicht Maßstab für die spätere schulische Bildung sein. Reformierte Lehrpläne beinhalten darüber hinaus zwingend die Orientierung an moderne erziehungswissenschaftliche und schulpädagogische Erkenntnisse und Methoden sowie die vermehrte Einbindung musisch-künstlerischer und sportlicher Angebote.  Individuelle Förderung statt früher Selektion sorgt für mehr Freude am Lernen anstatt Druck und Stress. Selbstredend ist nicht alles, was in der Schule angeboten wird nur Spaß und Tollerei. Erfahrungsgemäß aber kann ein hoher Prozentsatz des Stoffes interessant gestaltet und somit auf angenehme Art den Schülern zugänglich gemacht werden. Was der Mensch aufmerksam aufnimmt, bleibt länger im Gedächtnis haften und bietet so die ideale Basis für den späteren Aufbau und Werdegang.

Desweiteren müssen längst vorgeschriebene Rahmenbedingungen wie die behutsame Inklusion und ein Rechtsanspruch auf einen Platz in einer gebundenen Ganztagesschule erfüllt werden. Unter Einbeziehung dieser Grundlagen soll das Ziel eines strukturierten und gut durchdachten, sinnvollen neuen G 9 erreicht werden. Das Leben verlangt Flexibilität und Kreativität, was sich nun auch endlich in der Gestaltung der Schulen und insbesondere des neuen G 9 ausdrücken soll. Die AfB Bayern wird sich in diesem Sinne im Dialog mit den Verbänden und den Bildungsgewerkschaften aktiv an den Diskussionen beteiligen.






Samstag, 31. Mai 2014

Der Mythos über den Holunder

Aus dem Alltag ist Holunder als Lifestyle-Getränk mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Aber auch bei den Kelten war die Pflanze fester Bestandteil ihres Lebens. Holunder sucht die Nähe der Menschen heißt es. Und der Mensch die Nähe des Holunders. Kein Bauerngarten, in dem es nicht einen "Hollerbusch" gegeben hätte. Wer sich unter ihm zur Ruhe begibt, soll wunderliche Dinge erleben können. Wenn er seine Sinne dafür geöffnet hat.



Unter ihm befindet sich der Eingang zu einem unterirdischen Reich. Die Erdgöttin, Frau Holle, wohnt hier mit ihren Elfen, Gnomen, Kobolden und Zwergen. Sie ist die keltische Göttin der Geister, aber auch die Erdgöttin, die Mutter der Nacht und die schwarze Madonna des Christentums. Sie verhilft den Seelen der Toten -Tieren wie Menschen und den Samen - aus ihrem unterirdischen Reich wieder heraus in einen neuen Zyklus. Das glaubten die Kelten. So wie der Baum giftig und heilbringend zugleich sein kann, verkörpert Frau Holle zugleich das Dunkle und die Helligkeit.
Dies drückt sich auch im Märchen der Gebrüder Grimm aus.




Darüber was passiert wenn man den Holunder zuschneidet, ihn umsägt oder auch sonst irgendwie beleidigt gibt es viele Aberglauben. Die hier jedoch nicht erwähnt werden sollen. Sie fallen unter die Rubrik sich selbst erfüllende Prophezeiungen. Sicher ist jedoch, dass ihm einst so große Bedeutung zugemessen wurde, dass sich der Bauer und die Bäuerin vor ihm verneigt haben, wenn sie an ihm vorbei gegangen sind.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Die Gefahren des Investitionsschutzes im TTIP

Valerian Thielicke ging bei der Veranstaltung zum Thema Freihandelsabkommen in Straubing ausführlich auf die Auswirkungen des TTIP auf alle Lebensbereiche ein.Der Einfluss der Europäischen Union auf die Kommunen und Landkreise ist enorm, meint der 20jährige Student. „Schon jetzt ist die Ausschreibung von Aufträgen für viele Kommunen ein Kraftakt“. Viele Aufträge müssen nämlich heute schon europaweit ausgeschrieben werden, wofür man viele Regeln beachten muss. Deswegen müssen sich viele Gemeinden und Landkreise schon heute teure Anwälte zur Beratung holen, um keine Fehler zu machen, damit sie nicht verklagt werden können. Würden durch TTIP manche Aufträge dann sogar auch noch in den USA ausgeschrieben, wäre die Vergabe von Aufträgen für Kommunen fast nicht mehr zu schultern. Nicht nur das vollkommen andere Rechtssystem, sondern darüber hinaus die intransparente Rechtsprechung durch sogenannte Schiedsgerichte würden nur Kosten verursachen und allen europäischen Gemeinden schaden. „Diese Schiedsgerichte sind bekannt und berüchtigt dafür, dass sie immer sehr unternehmensfreundlich urteilen“, bemerkte Thielicke. Dies gilt es zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger zu verhindern. 



TTIP birgt aber noch ein weiteres großes Problem, den sogenannten Investitionsschutz. Durch diesen sollen Unternehmen die Möglichkeit erhalten, intransparent und vollkommen an allen rechtsstaatlichen Institutionen vorbei, Staaten für seine politischen Entscheidungen haftbar zu machen. Durch diese können Staaten für legitime politische Entscheidungen in vermeintliche Haftung genommen, wie es zurzeit Vattenfall versucht, der Deutschland auf Schadensersatz für den Atomaussieg verklagt. Ein Beispiel, das an Dreistigkeit nicht zu überbieten ist, ist Phillip Morris, ein Zigarettenhersteller, der zurzeit versucht, Uruguay aufgrund seiner Nichtraucherschutzpolitik auf zwei Milliarden US-Dollar Schadensersatz zu verklagen. Am erschreckendsten aber ist, dass die Hälfte dieser Schiedssprüche von nur 15 Anwälten weltweit ausgehandelt werden.

All diese Verhandlungen finden im Geheimen statt bis ein fertiges Ergebnis vorliegt. In der betreffenden Verhandlungsgruppe befinden sich keine demokratisch legitimierten Vertreter, sondern Lobbyisten, Vertreter von Konzernen und Finanzinstituten. Dies lässt erwarten, dass nicht die Interessen der Bürger einfließen werden, sondern die der Konzerne. Auf Wunsch der EU-Kommission sollen Investoren/Staats-Schiedsgerichte bestehend aus drei Personen eingerichtet werden, die über die Streitigkeiten entscheiden. Die reguläre Justiz ist ausgeschlossen. Berufung oder eine höhere Instanz gibt es nicht.


Europa muss knallhart verhandeln und sich nicht länger nicht am Kuschelkurs unserer Kanzlerin orientieren. 



Dienstag, 13. Mai 2014

Marion C. Winter zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt

Marion C. Winter wurde in Berlin zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Bildung gewählt


Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) in Bayern, Marion C. Winter, wurde vor zwei Jahren von Vertretern aus ganz Deutschland in den Bundesvorstand der AfBgewählt. Am Wochenende wurde sie nun zur stellvertretende Bundesvorsitzenden ernannt. Dies verdient eine besondere Wertschätzung, bedenkt man, dass es in Bayern bis 2011 gar keine AfB gab.

Als Initiatorin der AfB-Bezirksgemeinschaft Niederbayern war es von Anfang an Winters Anliegen, die Arbeitsgemeinschaft auf Bayern-Ebene zu gründen.Nach zahlreichen Hürden, die sie allerdings nicht davon abhielten, wurde ihre Vision bereits zwei Jahre später Wirklichkeit. Seit der Gründung im Jahr 2011 nimmt Winter als Vorsitzende der AfB Bayern auch an den Sitzungen der Bundes-AfB teil. Dort hat sie in an der Diskussionsvorlage „Inklusion“ entscheidend mitgewirkt.

Die Vorlage behandelt die Thematik „Inklusion als Menschenrecht“ gegen soziale Ausgrenzung. Seit 2009 gilt die UN-Behindertenrechtskonvention, die verlangt, dass jegliche Diskriminierung aufgrund einer Behinderung ausgeschlossen werden muss. Dies bedeutet: Wir „müssen“ die gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, um allen Menschen die gleichen Chancen für die Teilnahme zu ermöglichen. Geführt werden muss ergo eine Diskussion um das „Wie“, nicht um das „Ob“.

Die mangelhafte Chancengleichheit des deutschen Bildungssystems führt ohnehin dazu, dass die Bildungschancen wie in kaum einem anderen entwickelten Land von der sozialen Herkunft abhängig sind.

Dabei muss Bildung so gestaltet werden, dass alle Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft – uneingeschränkten Zugang haben. Dies gilt für den frühkindlichen Bildungsbereich über die Schulen bis hin zum Hochschul- und Weiterbildungsbereich. Nur eine erfolgreiche Schullaufbahn gewährleistet eine aktive Teilnahme am späteren Arbeitsleben. Im Zuge des sich abzeichnenden Fachkräftemangels können wir es uns auch volkswirtschaftlich nicht mehr leisten, Potenzial von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen brach liegen zu lassen und nicht zu fördern.

Desweiteren ist Bildung ein Menschenrecht, sie muss jedem gleichermaßen zur Verfügung gestellt werden. Ein inklusives Bildungssystem vereint so zwei Menschenrechte unter einem Dach – Bildung und Inklusion. Die damit einhergehenden Veränderungen sind tiefgreifend, aber auch eine große Chance für das Bildungssystem und eine Chance für Kinder und Jugendliche, Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen.

Während die Welt sich weiterentwickelt, will man in der Bildung aber an althergebrachtem festhalten, höchstens ein wenig herumexperimentieren. Informationen der Öffentlichkeit über schon lange erfolgreich umgesetzt Konzepte fehlen. Dabei berichten Eltern, welche ihre Kinder bereits in einer inklusiven Schule haben,von äußerst positiven Erfahrungen auf beiden Seiten. Am Ende profitieren alle Kinder von mehr individueller Förderung und mehr sozialer Vielfalt. Mit inklusiven Schulen schaffen wir ein Bildungssystem, in dem wirklich keiner mehr verloren geht.


Erfahrungsgemäß interessieren sich die Menschen nicht für Dinge, solange sie nicht akut persönlich betroffen sind. Dies gilt auch für die Bildung und die Inklusion. Doch – letzten Endes können wir gerade in diesem Bereich von heute auf morgen zum betroffenen Personenkreis zählen. Bildung und Inklusion geht uns alle an, der rote Faden zieht sich durch alle Lebensbereiche. In diesem Sinne wird sich Winter nun als stellvertretende Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung mit den Themen auseinandersetzen und in bekannter Weise mit Leib und Seele engagieren.

Führen die USA einen Lebensmittelkrieg

Hauptthema bei der Veranstaltung zum Thema Freihandelsabkommen in Straubing waren die Auswirkungen des TTIP auf die Landwirtschaft und kleine Unternehmen. Ein Freihandelsabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag zur Gewährleistung des Freihandels zwischen den Vertrag schließenden Staaten. Mit dem TTIP-Abkommen versprechen uns Wirtschaftsvertreter und Politiker mehr Wachstum und Arbeitsplätze in der EU und den USA. Sie wollen eine Ausdehnung der Handelsströme, mehr Marktfreiheit und größere Rechte für Konzerne.


Die Veranstalter zum Thema Freihandelsabkommen in der Gäubodenmetropole Straubing

Laut Studie des Ifo-Instituts entsteht in der EU ein zusätzliches Wachstum von 120 Milliarden Euro – in 10 Jahren. Die entspricht einem zusätzlichen Wachstum von 0,49 Prozent – in zehn Jahren, also pro Jahr 0,049 Prozent (Prof. Felbermayr, Ifo-Institut in Monitor 140130).

Vorteil für die deutsche Wirtschaft wäre laut Aussagen eine Öffnung des US-Marktes. Zudem gibt es eine Reihe von Standardsetzungen oder steuerlichen Behandlungen, die eindeutig keine andere Aufgabe haben, als europäische Produkte oder Dienstleistungen vom amerikanischen Markt fern zu halten. Die EU-Unternehmen erhoffen sich durch das TIPP Zugang zu diesem Markt. Im Vordergrund dieser Verhandlungen stehen also nicht wir als Verbraucher, sondern die Industrie. Skepsis herrscht außerdem gegenüber den Importen aus den USA, weil wir denken unsere Produkte sind sicherer. Dabei stellt sich jedoch die Frage, welche Verbrauchersicherheit haben wir überhaupt noch in Europa? Sind unsere bestehenden Standards ausreichend in allen Bereichen, sind sie vielleicht sogar übertrieben oder wurden sie längst aufgeweicht, ohne dass wir es bemerkt haben?

Hat das, was in den letzten Jahren von der EU kommt, überhaupt noch irgendetwas mit Verbraucherschutz zu tun? Schon längst werden nicht mehr die Interessen der Bürger, sondern die der Großkonzerne vertreten. Winter erwähnte auch, dass die Umsetzung der Gesetze besonders in Bayern streng kontrolliert werde, während das in anderen Ländern etwas lockerer gehandhabt wird. Ist TTIP also wirklich das große Problem, oder wurden die Weichen schon längst gestellt. Führen die USA nicht schon längsteinen Krieg um die Lebensmittel. Auch da müssten grundsätzliche Überlegungen angestrengt werden.

Im Hinblick auf das TIPP können wir davon ausgehen, dass die amerikanischen Bürger ebenso nicht unbedingt glücklich sind über das Abkommen. Hintergrund sind sicher teilweise auch verschiedene Auffassungen in der Bevölkerung. Während wir uns über in Chlor getauchte Hühner aufregen, wollen die Amerikaner keinesfalls so etwas wie Blauschimmelkäse auf dem Speiseplan erlaubt sehen. Allerdings sitzen die Probleme noch viel tiefer.

Es droht die Gefahr, dass auf beiden Seiten gute bestehende Gesetze gegen die schlechten des anderen Partners ausgetauscht werden. Europa als starke Wirtschaftsmacht kann und muss in der Welt dagegen kämpfen. Im Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz wären auf dem europäischen Markt Klon- und Hormontiere erlaubt. Ein anschauliches Beispiel dafür, dass die Gentechnik eine größere Auswirkung auf die Landwirtschaft und das Umfeld hat, als wir es uns vorstellen können, gab Winter mit dem Lachs-Grizzly-Vergleich. Ein Gen manipulierter Lachs enthält nicht die Enzyme, die der Grizzly-Bär zur Fettspeicherung benötigt. Da der Grizzly sich ausschließlich von Lachs ernährt, fehlt ihm dieser wichtige Bestandteil, so dass ein Überwintern unmöglich gemacht wird. Eine Langzeitfolge davon wäre, dass der Grizzly vom Aussterben bedroht ist.

Ganzheitlich betrachtet ist das TIPP ein Angriff auf wesentliche Errungenschaften, welche die Bürger Europas in den vergangenen Jahrzehnten erstritten haben. Wie zum Beispiel die Arbeitnehmerrechte. In den USA dürfen Gewerkschaften keine Tarifverhandlungen führen, Arbeitsschutz und Mindestlohn würden ausgehebelt. Die EU verhandelt aber auch in großem Stil mit den USA über die sogenannte Liberalisierung der kommunalen Daseinsvorsorge – die kommunale Wasserversorgung und Abfallentsorgung stehen dann zur Diskussion. TTIP ist ein Generalangriff der amerikanischen Konzerne auf unsere Demokratie.

Bislang exportiert die EU in die USA Agrarwaren im Wert von 1,6 Milliarden und importiert Agrarwaren im Wert von 2 Milliarden Euro. Das klingt nicht, als würde TIPP im landwirtschaftlichen Bereich eine Benachteiligung für Europa darstellen. In die USA werden vor allem weiterverarbeitete Produkte wie Kaffee, Süßwaren, Dauerbackwaren und Molkereiprodukte eingeführt. Aus den Vereinigten Staaten importiert Deutschland dagegen vor allem Rohstoffe wie Sojabohnen, Fisch und Fleisch. Allerdings sind deutsche Agrarhandelsgeschäfte dadurch gekennzeichnet, dass scheinbar billig erzeugte Futtermittel (vor allem Eiweißfutter) importiert werden. Damit wird die zunehmende Massentierhaltung forciert. Es werden Überschüsse von Milch- und Fleischprodukten erzeugt, die wiederum in den Export gehen, zum Teil auch in Entwicklungsländer und dort bereits nachweislich zu Marktstörungen führen. Bäuerliche Höfe sowohl in Deutschland (und EU-weit) als auch in den USA werden weiter unterDruck geraten und noch mehr dem „Wachsen- oder Weichen“ Paradigma ausgesetzt. Nutznießerist die Lebensmittel- und Agrarindustrie, deren Interessen neue Märkte in Drittländern und Zugangzu billigen Rohstoffen sind.

Betrachtet man das Ganze am Beispiel des NAFTA, des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens  zwischen USA-Kanada-Mexico, welches 1994 in Kraft getreten ist, lässt sich folgendes feststellen. Laut offizieller Darstellung sollte es Gewinner und Verlierer geben. Nun leiden kleine und mittlere Landwirtschaftsbetriebe in Mexiko unter dem Wettbewerbsdruck der US-Agrarunternehmen. Heute ist Mexiko ein Netto-Importeur von landwirtschaftlichen Produkten. Großkonzerne konnten hingegen vom freien Warenverkehr profitieren.Mexico konnte im Vorfeld seinen Nahrungsmittelbedarf selber decken, heute sind 20 Mio. Mexikaner unterernährt. Das Ergebnis sind 30 % Import bei einer Preissteigerung von 66 %. 3 Millionen Kleinbauern haben aufgegeben, weiles billiger ist einen Sack Mais zu kaufen als einen zu produzieren. Mexico hatte zuvor Import besteuert und eine Preisgarantie für die heimischen Bauern gegeben, was mit NAFTA wegfiel. Die Subventionen der Großproduzenten in den USA jedoch blieben bestehen. Bei uns ist die Situation ähnlich. Aufgrund unserer Auflagen wird die Produktion der Lebensmittel in der EU immer teurer, unsere Landwirtschaft wird mit den US-Produzenten nicht mehr mithalten können.

Die Folge des Abkommens wäre also eine Verschiebung. Da unsere Produktionskosten in Europa  am höchsten sind, wäre die Folge davon mehr landwirtschaftliche Großindustrie.
Aufgrund des Lissabonvertrages muss das EP zustimmen und die EU Kommission das EP informieren. Es stellt sich jedoch die Frage, ob wir überhaupt mit den Verhandlungen fortfahren dürfen, solange die NSA-Affäre noch im Raum steht. Abgesehen von den gewaltigen Unterschieden in den diversen Bereichen wie z.B. in der Produktzulassung. Die USA legen immer noch nicht alle Papiere zum Verhandlungsstand offen und bewegen sich so gut wie gar nicht.


Es müssen die Chancen und Risiken genau ausgelotet werden, aber auf den tatsächlichen Grundlagen und nicht nur im Interesse der Industrie unter dem Deckmantel, dem Verbraucherschutz zu dienen. Darüber hinaus haben wir ein soziales Ungleichgewicht in Europa das zunächst einmal geregelt werden muss.