AfB Bayern definiert den Begriff „gute“ Ganztagesschule
Eine gute
Ganztagesschule – Ein Weg der sich lohnt: Die
Arbeitsgemeinschaft für Bildung in Bayern (AfB) hat in einem einstimmigen
Beschluss eine Stellungnahme zur Diskussion um die Ganztagesschule zusammengefasst.
Ganztagesschulen als integrierte Schulsysteme sind die Voraussetzung für die
Beseitigung des Zusammenhangs zwischen Bildungsherkunft und Schulerfolg. Ziel
der SPD ist eine flächendeckende Einführung von rhythmisierten
Ganztagesschulen. Hierzu werden alle Verantwortlichen aufgefordert, auf die
Abschaffung des Kooperationsverbotes im Grundgesetz zu drängen. Damit Programme
der Bundesregierung stärker als bisher auf die Förderung von guten
Ganztagsschulen hinwirken können. "Gute Ganztagsschulen"
sind schon immer ein Herzensprojekt der SPD, da sie die Chancengleichheit in
der Bildungspolitik ermöglichen. Herz, Kopf und Engagement dürfen über den
Erfolg einer Bildungs- und Berufskarriere entscheiden, niemals aber der soziale
Hintergrund oder die finanziellen Möglichkeiten.
SchülerInnen und Lehrkräfte nehmen neue Rollen ein und verstehen
sich als Lernpartner mit gemeinsamer Verantwortung für den Lernerfolg. Ein
angenehmes Schulklima wirkt sich erwiesenermaßen positiv auf die
Schulleistungen aus. Desweiteren hat diese Grundhaltung einem heranwachsenden
jungen Menschen gegenüber eine Vermittlung und Verwirklichung demokratischer
Werte zur Folge. Die LernbegleiterInnen / LehrerInnen schaffen eine Atmosphäre,
in der die Schülerinnen und Schüler ihr Urbedürfnis des individuellen Lernens
frei entfalten können.
Eine "Gute Ganztagsschule" als Lebensort kann darüber
hinaus nicht einfach vollständig über einen längeren Zeitraum schließen. Sie
bietet ihre Räume und Einrichtungen offen an und hält Angebote für Ferienzeiten
vor. Für die erfolgreiche Umsetzung ist
die Ganztagsschule in rhythmisierter Form unerlässlich. Es braucht dafür mehr
Zeit am Tag und innerhalb der Schulwoche, um die wichtigen Bereiche von der
individuellen Förderung und Coaching über Vermittlung und Stärkung von sozialen
Kompetenzen bis hin zu demokratischer, musischer, sportlicher und
künstlerischer Erziehung zu leisten.
„Gute Ganztagsschule“ kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn
alle SchülerInnen einer Schule diese an mindestens 4 Tagen in der Woche in der
Regel von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr besuchen. Zusätzlich sollte es vor und nach
der organisierten Schulzeit sowie ggf. am „freien Nachmittag“
Betreuungsangebote mit freien Inhalten bzw. im Sinne eines Freizeitangebotes
geben, damit eine Verlässlichkeit an allen Tagen in sinnvollen Zeiten für die
Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern gegeben ist. Jede Schule muss
diesen Punkt an die Bedürfnisse aller Beteiligten vor Ort anpassen können.
Besonders
hervorzuheben ist, dass in einer "Guten Ganztagsschule" keine
Hausaufgaben im klassischen Sinne nötig sind. Die Gute Ganztagsschule
organisiert dies in Übungs-, Lern- und Förderstunden im Rahmen ihrer
Zeitstruktur. Kommen die Kinder und Jugendlichen aus der Schule, können sie
ihre Freizeit genießen, sich engagieren sowie am öffentlichen und privaten
Leben teilhaben.
Für
eine Kind gerechte und erfolgreiche moderne Pädagogik müssen wir umdenken. Weg
von der Frage: „Wie muss ein Kind sein, um der Schule gerecht zu werden?“ hin
zu der Frage: „Wie muss die Schule sein, damit sie dem Kind gerecht wird?“ Um eine erfolgreiche, am Bildungserfolg messbare „Gute
Ganztagsschule“ umzusetzen, brauchen wir
ein neues Selbstverständnis von Schule. Weg von der reinen Lehranstalt, hin zum
Lern-, Lebens-, Erfahrungs- und Kulturort, an dem Werte erhalten und vermittelt
werden, Integration und Inklusion gelebt werden und alle Beteiligten die
Verantwortung für das Gelingen des Lern- und Entwicklungserfolges der
Schülerinnen und Schüler tragen.
Die
Folge zurückliegender Bildungsreformen ist ein
kurzfristiges Lernen großer Mengen von Fakten bzw. Inhalten vor Klassenarbeiten,
die nachweislich größtenteils wieder schnell vergessen werden. Eine moderne
Schule muss sich dagegen für nachhaltiges anwendbares Lernen engagieren und
sich auch um Kompetenzen und die Entwicklung des gesamten Menschen und dessen
Bedürfnisse kümmern.
Unsere
Kinder sollten das, was sie lernen, mit Neugier und Begeisterung aufnehmen,
nicht aber aus Pflichterfüllung wiederholen. Dazu ist es unerlässlich, dass
neue erprobte Lernmethoden aus den Erziehungswissenschaften übernommen werden
und das dreigliedrige Schulsystem überwunden wird.
Auch unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten
massiv verändert. Sie ist geprägt durch größere Mobilitätsanforderungen, starke
Zuwanderungen von Menschen unterschiedlicher Kulturkreise, Instabilität vieler
Arbeitsverhältnisse, Notwendigkeit von Integration und Inklusion
(UN-Menschenrechtskonvention). Die Heterogenität nimmt zu, die Vorstellung von
homogenen Klassen war nie richtig und ist nun erwiesenermaßen überholt. In
Zukunft müssen die Lehrkräfte mehr moderieren als dozieren, um die Fähigkeiten
jeder/s Einzelnen zu finden und zu fördern. Eine gut aufgebaute und
funktionierende rhythmisierte Ganztagesschule ist eine Entlastung für alle
Beteiligten. Notwendig dafür ist ein Ende des Denkens
in Zuständigkeiten: Wie in den Kommunen, Schulen
und Jugendhilfe für eine gute ganztägige Bildung an einem Strang ziehen müssen,
muss auf Landesebene Bildungs- und Sozialpolitik zusammengedacht werden.