Bonmot "Leben wie Gott in Frankreich"
Wieso lebt Gott ausgerechnet in Frankreich?
Leben wie Gott in
Frankreich. Oft benutzt, aber selten hinterfragt. Warum also lebt er nun
angeblich ausgerechnet in Frankreich. Sehr zum Bedauern der Wiener übrigens,
bei denen ein klagender Ausdruck
feststellt: “Gott ist nicht zu Hause, er ist in Frankreich”.
Wenn der Name der Republik fällt, erscheinen in unserem
inneren Auge augenblicklich Bilder von herrlich blühenden Lavendelfeldern,
traumhaften Stränden, gigantischen Kathedralen und majestätischen Schlössern.
Frankreichkenner schwelgen darüber hinaus noch in Gedanken an Naturschauspiele
wie den Gouffre de Padirac, das 75 Meter tiefe Teufelsloch mit einem
Durchmesser von 33 Metern inklusive unterirdischem Flusslauf, bizarre Felsformationen an den Küsten oder
Zeugnisse der Vergangenheit im Landesinneren. Wie die Höhle von Lascaux, welche
einige der ältesten abbildenden Kunstzeichnungen der Menschheit vorzuweisen hat.
Und last but Not least assoziieren wir nicht enden wollende Gaumenfreuden
in mehreren Gängen. Tatsächlich hat schon Frankreichs umstrittene Königin Katharina
von Medici, die sich wie man sagt nicht nur mit Kräutern, sondern auch mit der
Giftmischerei befasst hat, hochrangige Köche aus der ganzen Welt an ihren Hof
geholt. Im 17. Jahrhundert ging man gerade im Land der kulinarischen Vielfalt
dazu über, die Gerichte nach berühmten Persönlichkeiten zu benennen und an der
Zubereitung von diversen Saucen zu tüfteln. Cognac , Champagner, Coq du vin,
Moules aux herbes und und und sind der Inbegriff für französische Genüsse. Das
ist Frankreich in den Köpfen der Menschen, erklärt aber immer noch nicht weshalb
Gott gerade eben dort wohnen soll.
Wo liegt also nun der Ursprung dieses Bonmots. Wer auf
Nummer sicher gehen will, der sollte lieber auf Redewendungen wie die Made im
Speck ausweichen. Da weiß man definitiv wo`s herkommt. Für den Ursprung des
“Vivre comme dieu en France” wie der Franzose wörtlich übersetzt sagen würde,
jedenfalls gibt es mehrere Definitionen. Ironie pur auf jeden Fall: Leben wie
Gott in Frankreich wird von den Franzosen selbst nur selten benutzt. Der
Franzose spricht dann schon eher vom Leben in Saus und Braus “mener une vie de
plaisir”. Wobei durch das Plaisir
verwundernswerter Weise eine sehr abgeschwächte Form von Freude ausgedrückt
wird.
Georg Büchmann jedenfalls beruft sich in seinen 1864
erschienenen “Geflügelten Worten” auf Zincgref-Weidners „Apophtegmata“ (1693). Der
schreibt dort über einen Ausspruch Kaiser Maximilians I. (Regierungszeit von 1493 bis 1519) „Wenn es
möglich wäre, dass ich Gott sein könnte und zwei Söhne hätte, so müsste mir der
älteste nah mir und der andere König in Frankreich sein“. Frankreich als
Sinnbild für Lebensart – nicht nur die uneingeschränkte Macht wurde damals von
den Herrschern der Welt eifersüchtig und teilweise sehr neidvoll beäugt.
Tatsächlich war der absolutistische Herrscher vor allem in
Frankreich Gott sehr nahe. Wie der französische Sonnenkönig Ludwig XIV.
(1643-1715) in dem eventuell gar nicht von ihm stammenden Zitat festgestellt
haben soll „L`etat c`est moi“. Der Staat das bin ich – oder was für mich gilt, gilt
für Euch noch lange nicht.
Glaubt man allerdings Krüger-Lorenzen in seinem Band
„Deutsche Redensarten und was dahinter steckt“, dann hätte Leben wie Gott in
Frankreich eine andere Bedeutung. Während der französischen Revolution wurde
anstelle der Gottesfürchtigkeit auf die Vernunft gesetzt. Da blieb für Gott und
seine Geistlichen nichts mehr zu tun. Leben wie Gott in Frankreich würde also
heißen, Urlaub machen, in diesem Fall zwangsweise
beurlaubt worden zu sein. Und wer keine Aufgabe mehr hat, der kann sich getrost
dem Müßiggang hingeben. Schlendern, faulenzen, sich den weltlichen Genüssen widmen.
Der Duden gesteht, dass die Herkunft nicht genau geklärt ist
und schreibt “Möglicherweise entstand
die Redewendung kurz nach der Französischen Revolution, als in Frankreich für
einige Zeit der „Kult der Vernunft“ an die Stelle des Christentums gesetzt
wurde. Oder auch, dass mit Gott die französische Geistlichkeit gemeint sei, der
es bisweilen sehr gut ging.
Da bleibt nur noch anzumerken „Je ne sais pas“. Ich weiß es
nicht. Oder, um den griechischen Philosophen Sokrates (469 bis 399 v. Chr.) zu
zitieren„Ich weiß dass ich nichts weiß“. Das stammt nebenbei bemerkt
erwiesenermaßen von ihm, oder etwa doch nicht?