Sonntag, 25. Oktober 2015

Bildung inkludiert Inklusion und umgekehrt
Im Eine-Welt-Haus in München trafen sich Vertreter der Arbeitsgemeinschaft für Bildung und Selbst Aktiv, um gemeinsame Themen im Hinblick auf das  Recht auf Bildung und die Rechte der Behinderten in unserer Gesellschaft zu besprechen. Schwerpunkte beider Interessengruppen liegen im Thema Inklusion. Ziel des Treffens war es Vorschläge zu erarbeiten, welche im Landesparteitag als Erweiterung zum Wahlprogramm eingebracht werden können. Fakt ist, dass Inklusion als Menschenrecht von der EU vorgeschrieben wird, aber längst in der Realität nicht umgesetzt wurde. Seit 2009 gilt die UN-Behindertenrechtskonvention welche bestimmt, dass jegliche Diskriminierung aufgrund einer Behinderung ausgeschlossen werden muss. Dies bedeutet: Wir „müssen“ die gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, um allen Menschen die gleichen Chancen für die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Geführt werden muss ergo eine Diskussion um das „Wie“, nicht um das „Ob“.
Für ein Impuls-Referat konnte Frau Monika Eder, seit 2002 Rektorin der Grundschule am grünen Markt in Erding, gewonnen werden. Sie sieht ihre „Inklusionsschule“ als großes Team und glaubt fest daran, dass eine Schule nur dann gut ist, wenn eine gutes, offenes und angstfreies Schulklima herrscht. Als Schulleiter meint sie, darf man es nicht nur zulassen, dass sich etwas verändert, sondern man muss auch Motor sein. So gefällt ihr der Begriff Inklusion, da er bedeutet zu überlegen, was können wir für die Behinderten tun. Während Integration heißt, Du musst Dich anpassen.
Inklusion macht es notwendig für die Schulen, sich ein Netzwerk zu schaffen, mit Eltern zu kooperieren sowie aber auch mit Förderzentren, ehrenamtlichen Helfern und Praktikanten. Die Kinder lernen, dass es normal ist, anders zu sein. Verhaltensauffällige Kinder verlieren ihr Alleinstellungsmerkmal und passen sich in der Gruppe an, in der ohnehin jeder anders ist. Für Kinder einer Lern- oder anderen Behinderung ist eine gewisse Kreativität erforderlich, aber auch sie können in dieser Schule am normalen Unterricht teilnehmen. Mit Hilfe des mobilen Dienstes können auch vier autistische Kinder in der Schule am Grünen Markt erfolgreich in den Unterreicht eingebunden werden. Für extrem behinderte Kinder allerdings meint Eder, ist die Erhaltung der Förderschulen notwendig.
Inklusion ist für sie keine Technik, sondern eine Geisteshaltung die gelebt werden muss. Dabei geht es darum, nicht zu suchen wo ist Dein Defizit, sondern was sind Deine Stärken. Vor zehn Jahren hat sie in ihrer Schule in kleinen Schritten damit angefangen und bemerkt, dass sich die Atmosphäre seitdem merklich verbessert hat. Sie ist der Meinung, dass jede Schule sonderpädagogische Leistungen erbringen muss. Eine inklusive Schule ist in ihren Augen auch eine Einrichtung, die alle willkommen heißt und in der die Erziehung und Bildungsaufgabe Vorrang hat vor der Selektion. Es gibt eine hohe Anzahl von so genannten behinderten Kindern, die durchaus in der Lage sind einen normalen Schulalltag zu absolvieren. Gerade im Rahmen der Globalisierung hat die Schule die Aufgabe, Kinder zu eigenverantwortlichen Menschen zu erziehen. Teamdenken ist dabei eine große Herausforderung. Besonders im Hinblick auf die Inklusion wäre nach Meinung von Monika Eder die Gemeinschaftsschule die beste Voraussetzung. Ihr Aufruf an die Politiker aller Parteien ist: Vergesst die Kinder in unserer Gesellschaft nicht“.
Aus der Sicht einer Sehbehinderten beschrieb schließlich Sibylle Brandt, Landesvorsitzende der AG Selbst Aktiv, Inklusion als eine der höchsten gesellschaftlichen Aufgaben und fügt hinzu, dass dennoch Behindertenpolitik die letzten Jahre fast überhaupt nicht stattgefunden hat. Und das bei 15 Millionen behinderter Menschen allein in Deutschland.
Erweiternd zur Inklusion in den Schulen müssen Behinderte Menschen auch im Alltag mit einbezogen werden. Und darüber hinaus auch im Berufsleben und in der beruflichen Aus-  und Weiterbildung ihren festen Platz haben. Außerdem brauchen wir Ausbildungsplätze oder Umschulungsmaßnahmen auch für Menschen, welche während der beruflichen Karriere behindert werden. Dafür benötigt es Aufklärungsarbeit. Die Mitarbeiter der Arbeitsämter müssen in die Firmen gehen und die Arbeitgeber motivieren, Behinderte einzustellen. Darüber hinaus müssten die Prüfungsbedingungen an die Behinderten angepasst werden. Anschließend schilderten einige der anwesenden behinderten Teilnehmer ihre Schwierigkeiten im alltäglichen Leben.
Zusammenfassend konnte man feststellen, dass die Barriere Freiheit in den Köpfen der Menschen manifestiert werden muss. Dies geht am besten, wenn bereits in jungen Jahren damit begonnen wird. Es muss als normal gelten, wenn jemand anders ist.  
In der anschließenden Diskussionsrunde kam man zu dem Entschluss, dass es eigentlich keine neuen Gesetze geben müsste. Die bereits vorhandenen dürfen einfach nicht ignoriert und müssen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Neben dem Blick auf die Schulen muss auch das spätere Erwerbsleben in den Mittelpunkt rücken,  Nischenberufe genutzt und eine individuelle Ausbildung gewährleistet sein. Auch einem Behinderten muss es möglich sein, am normalen Arbeitsalltag teilzunehmen. Was fehlt sind Fachkräfte, welche sich damit befassen wie man Behinderte ins Arbeitsleben bringen kann und die Information in die Firmen tragen.
Die Arbeitgeber sollten ihr Augenmerk darauf richten, was der entsprechende Behinderte kann und wo man ihn einsetzen könnte. Nicht darauf, was er nicht kann. Selbst wenn er nicht in der Lage ist, einen regulären Arbeitstag durchzustehen, so gäbe es doch Möglichkeiten eine den Anforderungen und Gegebenheiten entsprechende Arbeit zu verrichten.  
Gerade durch die Inklusion entstehen hier sehr viele Beschäftigungsmöglichkeiten für Behinderte. Da diese Menschen mehr Einfühlungsvermögen mitbringen als vollkommen gesunde Menschen, könnten sie besonders auch zum Beispiel in Altersheimen eingesetzt werden. Gerade hier wären sie eine große Bereicherung für die Gesellschaft.
All diese Maßnahmen müssten von der Politik angeordnet und die Informationen in einem inklusiven Kompetenzzentrum gebündelt und von dort aus weitergeleitet werden.  Wobei besonders darauf geachtet werden sollte, dass die Anträge schnell und mit Blick auf die Individualität bearbeitet werden und die Mitarbeiter gut geschult und mit allen Möglichkeiten vertraut sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt wäre auch die selbstbestimmte Teilhabe am Alltag. Um behinderte Menschen in die Gesellschaft einzubinden, ist auch die Vorbereitung der Umgebung, der Gebäude, Straßen und Einrichtungen notwendig. Damit der Weg zur Arbeit zugänglich ist, muss die Mobilität gesichert werden.

Es kann nicht länger sein, dass wir Behinderte Menschen verstecken und von der Teilnahme an der Gesellschaft durch vielerlei Barrieren hindern. Es kann jeden treffen – ganz plötzlich. Und wer würde sich dann nicht wünschen im Bereich des Möglichen sein Leben so weiterzuführen wie bisher.