Mittwoch, 27. Februar 2013



Die Bayerische Staatsregierung und der Griff zur Tablette


Seit 1993 ist die verschriebene Menge an Medikamenten mit dem Wirkstoff Methylphenidat, aus dem Ritalin besteht, um das FÜNFZIFACHE in Deutschland gestiegen!!!!!!!!


Marion C. Winter nimmt Stellung
zum Thema
Medikamentenmißbrauch 


Zum zunehmenden Medikamentenmissbrauch der Schüler in Bayern fällt denen nur das ein, was sie ohnehin in jeglicher Hinsicht ständig wiederholen. Dös ham ma oiwei scho so gmacht, des mach ma a jetz no weida. Mei, san mir guad mir Bayern. Förmlich bis zu mir höre ich es, wie sie sich auf die Schultern klopfen. Sich umdrehen und weiter alle Stimmen ignorieren, so als kämen sie aus dem Jenseits und hätten absolut keine Bedeutung für Gegenwart und Zukunft.

Zum Glück kenne ich mich damit nicht aus, aber es muss starker Tobak sein, der zu einer derartigen Realitätsverweigerung führt. Da fragt man sich doch echt, welche Pillen schlucken die.

Das Thema gehört nun nicht zum Wahlkampf direkt, hat aber in uns eine derartige Empörung hervorgerufen, dass man sich als Mutter schulpflichtiger Kinder hier in Bayern einen Kommentar dazu fast nicht ersparen kann. Und Marion ist ja nicht nur Landtagskandidatin, sondern auch Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in Bayern und seit Jahren mit der Thematik vertraut. Aber mal ganz von vorn.


Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnen-Verband (BLLV) warnt vor einem zunehmenden Medikamentenmissbrauch bei Schülern. Jedes fünfte Grundschulkind !!!!!!!!! sei therapiebedürftig, so BLLV-Präsident Klaus Wenzel. Für viele Kinder gehöre der Griff zur Tablette zur Normalität.
Nun fordert also Wenzel vom Kultusministerium Maßnahmen, den Leistungsdruck an Schulen abzubauen. Damit Kinder eine starke Persönlichkeit entwickeln können gehöre auch, über ausreichend unverplante Freizeit zu verfügen.

Und er bezieht sich dabei auf eine Studie des Bundesfamilienministeriums und der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Die hätte es allerdings nicht gebraucht, jede einzelne Mutter oder auch jeder Vater schulpflichtiger Kinder in Bayern weiß das aus Leid geprüfter Erfahrung. Aber gut. Also, nun kommt die Studie  zwar zu dem Aha-Ergebnis, dass Eltern mit dem Schulsystem unzufrieden sind, sich mehr individuelle Förderung ihrer Kinder wünschen, kleinere Klassen und so weiter und so weiter. Außerdem empfinden sie Schule immer öfter als Reizthema innerhalb der Familie, das Familienleben wird durch den gestiegenen Leistungsdruck geprägt. Sollte jemand das bezweifeln, der kann sich gerne mit mir als Mutter zweiter Töchter am Gymnasium, eine davon in der berühmt-berüchtigten Q 11, unterhalten.

„Nö“ sagen aber das Kultusministerium und der Bayerische Elternverband (BEV). Die Kinder sind nicht überlastet. Des Weiteren - die Eltern füttern ihre Kinder gegen Stress nicht mit Pillen. So etwas zu behaupten wäre ein Vorwurf gegenüber den Erziehungsberechtigten und ein Vorwurf gegenüber der pädagogischen Leistung der Lehrkräfte.  Angriff ist die beste Verteidigung, nicht wahr. Sorry Leute. Es drückt nur die Hilflosigkeit der Eltern aus, die gegen ein System anrennen müssen, das keine offenen Ohren hat für die Betroffenen und nebenbei Nähe zum Bürger predigt. Nein, so leicht könnt Ihr es Euch nicht machen. Dies ist ein deutlicher Vorwurf gegen den Herrn Kultusminister. Diesen Ball behalten sie mal schön. Allerdings – das räumte die BEV-Landesvorsitzende Maria Lampl dann doch ganz vorsichtig ein, aus Eltern-Sticht sei der Schulstress schon unerträglich. Fehlt nur noch die Bitte um Vergebung für diese Aussage mit dem Knicks an den Kultusminister.

Die Warnung des BLLV vor dem zunehmenden Medikamentenmissbrauch bei Schülerinnen und Schülern findet hingegen Marion C. Winter durchaus berechtigt. Die Kopfschmerztablette gehört mittlerweile mehr zur Grundausstattung für den Schulbesuch als das Pausenbrot meint sie.

Apotheker stehen immer öfter in einem Gewissenskonflikt zwischen sinnvoller Beratung und Erfüllung von Kundenwünschen. Hat jemand von der Bayerischen Regierung mal mit einer Apothekerin gesprochen, die das Wohl der Kinder im Auge hat und nicht ein klirrendes Kassenzeichen in den Augen sobald das Thema zur Sprache kommt. Marion schon, das weiß ich, ich kenne die Apothekerin nämlich auch seit Jahren. Die Pharmakonzerne investieren große Summen in Kampagnen, die direkt Eltern und Schüler ansprechen und Hilfe gegen den Schulstress versprechen. Marion fragt nun mit Recht, ob die Gewinn orientierte Pharmaindustrie dies tun würde, wenn es keinen entsprechenden Abnahmemarkt gäbe. Hände hoch, wer stimmt dagegen.

Seit 1993 ist die verschriebene Menge an Medikamenten mit dem Wirkstoff Methylphenidat, aus dem Ritalin besteht, um das FÜNFZIFACHE in Deutschland gestiegen. Die Verweigerung des Kultusministers Spaenle der Realität an den bayerischen Schulen ins Auge zu blicken findet Marion grob fahrlässig. Solange er seine Strategie des Schön Redens weiter verfolgt, wird sich die Situation für Lehrer und Schüler nicht verändern. Es gehört als einiges entrümpelt, nicht nur der Lehrplan. Was allerdings schon ein kleiner Schritt in die richtige Richtung wäre.






Unser Dr. Spaenle (2 v.re) bei einer Podiumsdiskussion, auf der er abermals seine eigensinnige Haltung und Ahnungslosigkeit unter Beweis stellen konnte