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Seehofer und Wulff beim Amtsantrittsbesuch in Bayern - ein Foto aus glücklicheren Tagen |
Nun wollen wir mal
langsam in die Politik einsteigen und die von der SPD im Internet gestartete
Kampagne gegen die Wankelmütigkeit von CSU-Chef Horst Seehofer vorstellen. Ein
Art Wahlkampf american style. Ein „humorvolles campaigning mit ernsten
Hintergrund“, so bezeichnete SPD-Generalsekretärin Natsascha Kohnen die
originell gestaltete Seite mit direktem Angriff auf einen Kandidaten. Die zwei
Seiten Seehofers zum Thema Donau-Ausbau, Studiengebühren oder Atomkraft werden
auf spitze Art und Weise präsentiert, reinschauen lohnt sich allemal.
Natascha Kohnen (Mitte) und Marion C. Winter beim Biobauern Aigner in Niederbayern |
Die Ernährungsdebatte muss weiter geführt werden
Im Rahmen Ihres Besuches in Niederbayern lernte MdL Natascha
Kohnen zwei landwirtschaftliche Betriebe kennen, wie sie auf den ersten Blick
unterschiedlicher nicht sein können. Dennoch bewegt die Betreiber sehr vieles
gemeinsam und beide kommen zu dem Schluss: Die Ernährung muss in den
Mittelpunkt des Interesses der Verbraucher und der Politiker rücken.
EU-Regelungen müssen auf die regionalen Bedürfnisse der Betriebe eingehen.
Der erste Betrieb ist der Geflügelhof Aigner GmbH „Thanninger Freiheit“. Und er hat ebenso
wie alle anderen landwirtschaftlichen Erzeuger mit diversen Verordnungen zu
kämpfen. So macht die Bestimmung, die Hühner erst ab 11.00 Uhr in das
Freigehege zu lassen, durchaus Sinn, da die Eier nach Tageseinbruch gelegt
werden und somit nicht auf dem Boden liegen, sondern im Nest eingesammelt
werden können. Allerdings sind die Freilandhühner grundsätzlich schlechter
gestellt als die Hühner anderer Haltung. Während diese nur draußen bleiben
dürfen, sofern es die Witterung erlaubt, müssen die Freilandhühner laut
Verordnung täglich ins Freie gelassen werden. Wodurch ihnen aber eine erhöhte
Infektionsgefahr droht. Herr Aigner plädiert dafür, die Tiere in der Halle
lassen zu dürfen, wenn Temperaturen unter 0 Grad herrschen oder sich Dauerregen
einstellt. Mit der Verpflichtung, dass die Tiere mindestens an 250 Tagen im
Jahr draußen sein sollen. Durchführbar und auch kontrollierbar wäre dies
durchaus.
Die „Thanninger Freiheit“ setzt auf das Regionalsiegel,
welches den Produkten ihre bayerische Herkunft bescheinigt. Zusätzlich
unterzieht man sich einer unabhängigen freiwilligen Kontrolle. Desweiteren
würde man hier das von der Ministerin Ilse Aigner, MdB (Name rein zufällig)
schon seit Jahren angekündigte „Tierwohllogo“ sehr begrüßen. Und wartet auf die
Entscheidung, wie die Verordnung denn aussehen soll. Die Hühnerställe sollten
längst umgebaut werden, was allerdings keinen Sinn macht solange man nicht weiß
in welcher Form. Man könnte sich die Umsetzung mit einer Frist von zwei Jahren
für die Betriebe gut vorstellen. In jedem Fall aber müsse jetzt endlich der
Zeitpunkt festgesetzt werden, an dem das „Tierwohllogo“ in Kraft tritt.
Ein ganz anderer
Anschauungsort ist der kleine Hof einer Familie die rein zufällig nun auch noch Aigner heißt. Der „Biohof Böckel“ ist eine so genannte
Nebenerwerbslandwirtschaft, wie sie mittlerweile von 50 Prozent der Landwirte
in Bayern betrieben wird. Was bedeutet, die Besitzer gehen einem Beruf nach und
bewirtschaften zusätzlich einen Hof. Dabei liegt die Betonung auf
Nebenerwerbslandwirtschaft. Als damals die Entscheidung anstand, den
elterlichen Hof zu übernehmen, musste man sich dazu entschließen weiter zu
bewirtschaften oder zu verpachten. Man entschloss sich dazu, sich der
Herausforderung zu stellen. Als Hobby allerdings kann man dies, auch wenn es
Freude macht, nicht bezeichnen.
Dafür ist eine Fläche von 10 ha zu groß. Er bewirtschaftet
den Hof kontrolliert ökologisch mit Direktvermarktung. Der Aigner-Bauer steht
auf mehreren Standbeinen. Es spart zwar Zeit, wenn man nur einen beliefert, die
emotionale Anspannung durch die Abhängigkeit bei den großen Betrieben ist aber
ungleich höher. So betreibt die Familie
den Hof mit elf Personen und vier Generationen, der 81jährige Vater repariert
Maschinen und macht Dinge, welche Sinn haben. Gerne besuchen auch ältere
Menschen oder Kindergruppen den Hof. Erschreckend ist dabei zu beobachten, wie
viele Kinder gar nicht mehr wissen wie es ist über eine Wiese zu laufen. Frau
Aigner ist ausgebildete Kräuter- und Waldpädagogin und appelliert an die
Frauen: „Wir sind für die Mutter Erde zuständig und sollten das auch beim
Einkauf berücksichtigen“. Der hofeigene Naturkostladen ist einmal pro Woche
ganztätig geöffnet, ansonsten wird vorher angerufen. Verkauft wird was in der
Umgebung oder auf dem eigenen Hof hergestellt wird. Außerdem ist Christine
Aigner überzeugtes Mitglied in einer Tauschbörse. Ihr Mann Peter ist
hauptberuflich Beamter.
Ihr Wunsch wäre es, dass die Politiker aus allen Parteien in
Zusammenarbeit Konzepte für verschiedene Hofgrößen erarbeiten und den
Wiedereinstieg in die Landwirtschaft fördern. Das bisherige System ist nur auf
große Flächen ausgelegt, da bedürfe es einer grundlegenden Umstellung der
EU-Förderung. Wir müssen weg von den Pauschalen und weg von der
Wachstumspolitik, denn wer wachsen will muss den Nachbarn verdrängen.
Zahlreiche Argumente, viele Standpunkte und unzählige
Denkanstöße, welche die Biologin und Biochemikerin Kohnen mit nach München in
den Landtag nehmen konnte. Und über allem steht die Frage, wie man den
Verbraucher dazu bewegen kann, das Hauptaugenmerk wieder verstärkt auf das
Thema „Ernährung“ zu lenken. Ein Verbraucher muss weg vom bloßen Verbrauchen.
Und darüber nachdenken, was ihm da verkauft wird. Ein gutes Beispiel ist hier
die umstrittene Käfighaltung. Die ist seit 2012 in Deutschland untersagt. Dies
gilt jedoch nur für das so genannte „Sichtei“, das offensichtlich beim Kauf zu
begutachten ist. Aber woher kommen all die Eier in Nudeln und anderen
Produkten? So unterscheidet sich das Nahrungsmittel vom Lebensmittel.
Der Verbraucher als
Auftraggeber hat die Macht darüber zu entscheiden, was er kaufen will.
Wir müssen einsehen, dass wir weg von den billigen
Lebensmitteln müssen und die Ware nicht danach beurteilen was sie kostet. Im
Gegenzug müssen gesunde Lebensmittel zu einem erträglichen Preis erzeugt werden
können.
Allerdings darf man dem Verbraucher diese Last nicht alleine
aufbürden. Da ist auch die Politik gefragt. Das Thema Ernährung steht inmitten
eines komplexen Systems, welches hinterfragt werden muss. Die soziale Schere,
die Ethik bei den Konzernen usw. Erst wenn Arbeiter wieder ein höheres
Lohnniveau haben, so Kohnen, dann können sie sich gesunde Lebensmittel auch
leisten. Ein wichtiger Aspekt ist darüber hinaus die Aufklärung darüber, die
schon in der Schule beginnen sollte. Die junge Generation wird nicht nur
Gestalter, sondern auch Verbraucher der Zukunft sein.
Der Bauernverband muss es sich wieder zum Ziel setzen, die
Interessen der Landwirte als auch der bäuerlichen Familie zu vertreten, darüber
hinaus brauchen wir unabhängige Gutachter, damit nicht mehr die
Lebensmittelkonzerne über unsere Landwirtschaft bestimmen. Hier wurden vor
dreißig Jahren die Weichen falsch gestellt meint Lirsch, Landesvorsitzende der
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Bayern e.V. Wir dürfen uns nicht
länger von den Interessen der Lobbyisten und starren EU-Vorschriften leiten
lassen.
Auf die Frage wie weit die Landwirtschaft wieder zurückgehen
kann, gibt es für sie nur eine Antwort: „Dahin wohin der Verbraucher sie führt.
Die Landwirtschaft vor Ort ist den Menschen wichtig. Ein Hof ist eine kleine
Zelle mit Umgebung, mit Menschen. Die Strukturen speisen auch viele andere
Bereiche“. Gerade im touristisch orientierten Bayern müssen wir beachten, dass
diese Einzigartigkeit der landwirtschaftlich geprägten Umgebung den Reiz
ausmacht, den unser Bundesland auf die Besucher ausübt. Und auch das besondere
an der Umgebung ist für diejenigen, die hier wohnen wichtig. Wir sollten das
achten, was wir haben. Bevor wir nach hinlänglich bekanntem Zitat bemerken,
dass wir unser Geld nicht essen können. „Nicht nur der Verbraucher hat Macht“,
so Kohnen „sondern der Wähler auch.“
Natascha Kohnen und Marion C. Winter im Geflügelhof Aigner (l |