Einmal Bayern - Berlin und zurück
Vergleiche
anzustellen zwischen Städten – ich weiß das funktioniert nicht und ich werde es
auch nie wieder tun – nur noch in diesem einen Fall. Am besten ist es, völlig
unvoreingenommen irgendwohin zu fahren. Und vermutlich am schwersten. Ich
jedenfalls kann mir das nicht verkneifen, gelegentlich an unsere bayerische
Hauptstadt zu denken in Berlin. Ein Bayer liebt sein Bayern und die königlich
bayerische Ruhe. Deshalb darf man gespannt sein, was einen so im „deutschen
Ausland“ erwartet. Besonders was die Menschen angeht. Wie wir wissen ist
München die designierte Weltstadt mit Herz - und Berlin? Das wird sich zeigen.
Also auf vom tiefsten Niederbayern gen Bundeshauptstadt.
Erfahrene
Großstädter wissen um das Verkehrschaos welches in denselben herrscht.
Angefangen von den Staus bis hin zu vergeblichen Parkplatzsuche. Das gilt
natürlich und vielleicht ganz besonders für Berlin. Lässt es sich nicht
vermeiden mit dem Auto anzureisen, dann ist es ratsam, dieses schleunigst
stehen zu lassen. Und nicht vergessen – keine Wertsachen im Auto deponieren.
Aber das macht man ja ohnehin nicht, oder?
Berlin
bezeichnet man nicht nur als Großstadt – Berlin ist wirklich groß – sehr groß.
Jedenfalls zu groß, um es ohne fahrbaren Untersatz richtig kennen zu lernen.
Gott sei Dank gibt es die Welcome Card. Eine Art
Öffentliche-Verkehrsmittel-Flatrate. Da kann „Man(n)“ oder auch Frau mit Kind
und Kegel kreuz und quer durch Berlin gondeln. Und sich auch einmal verfahren,
wenn es sein sollte. Wer das Verkehrsnetz in München des Öfteren benutzt, der
wird sich in Berlin bald zu Recht finden. Das U- und S-Bahn-Netz ist nämlich
ganz einfach zu durchschauen. Sie fahren von hier nach da und von hier nach
dort. Links oder rechts. Oder um es richtig auszudrücken, von Süd nach Nord von
Ost nach West im wahrsten Sinne, auch querfeldein und diagonal, je nach Wunsch.
Das ist auf jeden Fall ein Pluspunkt pro Berlin.
Wer
nicht so viel Ahnung hat von öffentlichen Verkehrsnetzen, weil er in
irgendeiner bayerischen Kleinstadt ohne S-und U-Bahn lebt, der findet meist
nach dem zehnten Anlauf einen Original Berliner. Wie in München eben auch.
„Entschuldigung, bin selbst nicht von hier“ lautet die meist gegebene Antwort.
Allerdings, freundliches offensichtlich eigens für die „Fremden“ engagiertes
Service-Personal habe ich in good old „Monaco“, wie die Münchner zu ihrer Stadt
sagen, noch nie gesehen. In Berlin schon.
Apropos
- U-Bahn-Fahren. Im Zeitalter des Handys findet man sich immer irgendwie im
Falle eines Falles. Aber dennoch. Einen Tipp meines netten Berliners sollte man
berücksichtigen. Er hat auf der ganzen Welt Gültigkeit und kann besonders für
Kinder ein wahrer Segen sein. Was tun wenn man sich tatsächlich einmal
verliert? Zugegeben, daran hätte ich nicht gedacht. Ich wohne nun wohl doch
schon zu lange auf dem Land.
Neben
den ganzen Bahnen gibt es noch den berüchtigten 100er Bus. Wird in jedem
Reiseführer empfohlen. Und das zu Recht. Und zurück geht`s mit dem 200er. Da
hat man dann fast schon Berlin entdeckt. Die beiden Buslinien fahren die
Hauptsehenswürdigkeiten in Berlin als reguläre Haltestellen an. Man kann dann
ein- und aussteigen wo man will. Soweit dazu. Aber - Dinge kann man planen - um
dann festzustellen, dass sich andere gar nicht an den Plan halten wollen. Da
sind doch glatt sämtliche 100er Busse im Verkehr stecken geblieben. Aber
immerhin, eine freundliche Dame mit grünem Mantel und der Bezeichnung
Touristenberatung gibt freundlich Auskunft über Ausweichmöglichkeiten. Also
doch ab in die nächste S-Bahn.
Im
Übrigen wird Dienstleistung offensichtlich hier noch groß geschrieben. Meist
sitzt irgendwo ein freundlicher Mensch aus Fleisch und Blut, der bei kleinen
Problemchen weiterhilft. Da hätten wir schon mal was, was die Münchner von den
Berlinern lernen sollten.
Sound-Booster,
Walkman oder I-Phone mit Musik – „brauchste nich“. Kurz in der S-Bahn Platz
genommen klingt einem schon unaufgefordert mehr oder weniger angenehmer Lärm
ins Ohr. Schön, meistens. Erwünscht, gelegentlich. Und immer verbunden mit
flehenden Blicken nach ein wenig Kleingeld. Rechnet man die laufenden
Geldsammler noch dazu dann heißt es auf jeden Fall, einige Euro mehr einpacken.
Oder einfach ignorieren. Ja nach Lust und Geldbeutel.
Ansonsten,
die Berliner müssen sehr gesund sein. Zumindest was Herzinfarkte betrifft.
Dagegen soll ja Treppensteigen sehr hilfreich sein zur Vorbeugung. Nun - an den
meisten S-Bahnstationen gibt es keine Rolltreppen, und wenn dann funktionieren
sie nur sporadisch. Jedenfalls an denen, „wo“ wir gewesen sind. Andererseits -
die Stadt ist sehr hektisch. Und wem das noch nicht schadet. Vorsicht ist
geboten an den Fußgängerampeln. Lieb sind sie wirklich die netten
Ampelmännchen, die uns vielerorts noch dabei helfen sollten die Straße zu
überqueren. Das Stopp-Männchen und das wandernde Grünmännlein. Aber auch hier
gilt - manchmal gefallen sie sich selbst so sehr, dass sie gar nicht
umschalten. Von rot auf grün. Das kann ganz schön ungesund werden. Die
berühmten kleinen Manschgerl in den Ampeln haben übrigens sogar ihren eigenen
Shop in Berlin.
Berlin
ist die Geburtsstadt der Currywurst. Die gibt es angeblich an allen Ecken und
Enden in allen Variationen. Als bekennender Curry-Wurst-Fan war ich auch darauf
gespannt und hatte mich schon auf ein paar sündige Tage eingestellt.
Tatsächlich. Mit Schrippe, sprich langer, ovaler „Semmel (bayerisch)“ was auf
Deutsch Brötchen heißt. Oder auch mit Pommes. Damit das Essen auch wirklich so
richtig ungesund wird. Nett sind auch die „laufenden“ Currywurstbuden mit
vorgespannten Menschen. Und preiswert. Dazu gibt`s einfach Senf oder Ketchup.
Während meines Aufenthalts in Berlin habe ich die Currywurst-Bruzzler
allerdings nur gesichtet am Alexanderplatz. Und sofort schweifen meine Gedanken
wieder nach München. Wie das wohl wäre. Mit einem Kessel voller kochender
Weißwürste vor dem Bauch. Einen Mythos habe ich jedenfalls aufgedeckt. Danach
gefragt ob ich die Wurst mit Darm will oder ohne wurde ich nie. Vielleicht hat
man mich ja auch als Bayer erkannt. Vielleicht haben die gedacht, die kennen
das ja eh nicht. Beliebt sind in Berlin auch die Buletten, die Fleischklöße, in
Bayern Fleischpflanzerl genannt. Obwohl das einzig pflanzliche daran vermutlich
ein paar Kräuter zum Würzen sind. Und die Berliner Pfannkuchen, die heißen bei
uns Krapfen. Aber nie so bestellen. Dort oben kennt das keiner.
Der
Alexanderplatz mit Blick auf den Fernsehturm ist geprägt vom Alexa, einem
gigantischen Kaufhaus. Übrigens dem Trubel mal kurz entrinnen kann man an der
Rückseite des Gebäudes in einem kleinen Cafe. Dort gibt es auch herrliches Eis.
Was in
Berlin sonst noch zu sehen ist, das findet man in jedem Reisefüher. Mit Angaben
über den Erbauer, das Datum, die Hintergründe. Ein paar Tage Berlin! Um alles
entdecken zu können müsste man sich hier schon längere Zeit häuslich
niederlassen. Soll doch auch der Berliner Lifestyle nicht auf der Strecke
bleiben. Und da wird man dann schon ganz schön „aufgehalten“. In den kleinen
und großen Läden und Shopping-Meilen, den Restaurants, den Bars und und und.
Vermutlich gibt es hier nichts, was es nicht gibt. Gelegentlich auch bis 22.00
Uhr; was so einer Stadt bis in die Abendstunden hinein Leben einhaucht. Sogar
manche Museen haben bis 22.00 Uhr geöffnet, darunter auch das Museum am
Checkpoint Charlie, das Currywurst-Museum und an den Donnerstagen auch die
Museen auf der Museumsinsel. Berlin schläft offensichtlich nie.
Dennoch
bleibt immer zu wenig Zeit. Man will ja nicht nur durchjagen durch die
Sehenswürdigkeiten, sondern auch ein Stück Berliner Leben in der berüchtigten
Berliner Luft einatmen. Das geht auch gut am Kurfürstendamm und obligatorisch
ist dort auf jeden Fall neben der Gedächtniskirche auch das Kadewe, Europas
größtes Kaufhaus.
Berlin
ist tatsächlich viel mehr als unsere Hauptstadt. Berlin ist ein Lebensgefühl.
Und manchmal ist Berlin wie es scheint immer noch Ost und West. Berlin ist
immer noch eine Stadt im Umbruch, eine ständige Baustelle und eine Stadt des
Ringens um die Gunst der Touristen. Zu Recht. Keine andere Stadt auf der Welt
kann diese Geschichte vorweisen.
Für
uns, die wir nicht direkt damit aufgewachsen sind, sind manche Dinge
interessant und schier unfassbar. Nehme man nur einmal die Brücke an der
Bornholmer Straße mit dem ersten Grenzübergang, der für die Ausreisewilligen
damals geöffnet wurde oder das Brandenburger Tor. Unvorstellbar, dass man da
nicht durchgehen konnte. Ende - Schluss aus. Dabei lädt es geradezu ein,
hindurch zu schreiten. Was muss das für ein Gefühl sein für einen Berliner, für
den der Durchgang jahrzehntelang verschlossen war. Egal ob Ost oder West.
Wie die
Menschen in der DDR lebten, lässt sich sehr gut im DDR-Museum erforschen. Für
Kinder übrigens ausgesprochen interessant. Die vielen Kästchen und Türchen mit
den Informationstafeln oder dem Original-Trabi. Auf die Frage nach dem
DDR-Museum - gerichtet an einen derjenigen, welche an den S-Bahnhöfen für
Kundenfreundlichkeit sorgen sollen - kommt die Antwort auf die Frage nach der
Lage prompt. Ach ja und der Checkpoint-Charlie, der ist U-Bahnhaltestelle
Kochstraße. Der Mann kennt sich aus in seinem Job. Allerdings im DDR-Museum
selbst ist er noch nie gewesen. "Ich habe lange genug damit gelebt, ich
brauch mir das nicht anzuschauen.“ Irgendwann werden es nur noch wenige sein,
die sich überhaupt noch daran erinnern können. Ostalgie hin oder her.
Das
DDR-Museum liegt in der Nähe der Hackeschen Höfe, deren Innenhöfe tatsächlich
so malerisch wie beschrieben sind. Auch das ist typisch für Berlin, mehrere
Häuser mit gemeinsamen Innenhöfen verbunden durch zahlreiche Übergänge. Das
designierte Muss für jeden Berlin Besucher, oder auch nur für diejenigen die
sich für „alte Sachen“ interessieren ist die Museumsinsel neben dem Berliner
Dom.
„Ich bin ein Berliner.“ Jetzt jedenfalls ein
kleines bisschen und werde in Zukunft immer ein klein wenig Wehmut empfinden
wenn ich etwas höre von der lebensfrohen Stadt, in der alles möglich scheint.