Dienstag, 7. Januar 2014

Einmal Bayern - Berlin und zurück

Vergleiche anzustellen zwischen Städten – ich weiß das funktioniert nicht und ich werde es auch nie wieder tun – nur noch in diesem einen Fall. Am besten ist es, völlig unvoreingenommen irgendwohin zu fahren. Und vermutlich am schwersten. Ich jedenfalls kann mir das nicht verkneifen, gelegentlich an unsere bayerische Hauptstadt zu denken in Berlin. Ein Bayer liebt sein Bayern und die königlich bayerische Ruhe. Deshalb darf man gespannt sein, was einen so im „deutschen Ausland“ erwartet. Besonders was die Menschen angeht. Wie wir wissen ist München die designierte Weltstadt mit Herz - und Berlin? Das wird sich zeigen. Also auf vom tiefsten Niederbayern gen Bundeshauptstadt.

Erfahrene Großstädter wissen um das Verkehrschaos welches in denselben herrscht. Angefangen von den Staus bis hin zu vergeblichen Parkplatzsuche. Das gilt natürlich und vielleicht ganz besonders für Berlin. Lässt es sich nicht vermeiden mit dem Auto anzureisen, dann ist es ratsam, dieses schleunigst stehen zu lassen. Und nicht vergessen – keine Wertsachen im Auto deponieren. Aber das macht man ja ohnehin nicht, oder?

Berlin bezeichnet man nicht nur als Großstadt – Berlin ist wirklich groß – sehr groß. Jedenfalls zu groß, um es ohne fahrbaren Untersatz richtig kennen zu lernen. Gott sei Dank gibt es die Welcome Card. Eine Art Öffentliche-Verkehrsmittel-Flatrate. Da kann „Man(n)“ oder auch Frau mit Kind und Kegel kreuz und quer durch Berlin gondeln. Und sich auch einmal verfahren, wenn es sein sollte. Wer das Verkehrsnetz in München des Öfteren benutzt, der wird sich in Berlin bald zu Recht finden. Das U- und S-Bahn-Netz ist nämlich ganz einfach zu durchschauen. Sie fahren von hier nach da und von hier nach dort. Links oder rechts. Oder um es richtig auszudrücken, von Süd nach Nord von Ost nach West im wahrsten Sinne, auch querfeldein und diagonal, je nach Wunsch. Das ist auf jeden Fall ein Pluspunkt pro Berlin.
 
Wer nicht so viel Ahnung hat von öffentlichen Verkehrsnetzen, weil er in irgendeiner bayerischen Kleinstadt ohne S-und U-Bahn lebt, der findet meist nach dem zehnten Anlauf einen Original Berliner. Wie in München eben auch. „Entschuldigung, bin selbst nicht von hier“ lautet die meist gegebene Antwort. Allerdings, freundliches offensichtlich eigens für die „Fremden“ engagiertes Service-Personal habe ich in good old „Monaco“, wie die Münchner zu ihrer Stadt sagen, noch nie gesehen. In Berlin schon.

Apropos - U-Bahn-Fahren. Im Zeitalter des Handys findet man sich immer irgendwie im Falle eines Falles. Aber dennoch. Einen Tipp meines netten Berliners sollte man berücksichtigen. Er hat auf der ganzen Welt Gültigkeit und kann besonders für Kinder ein wahrer Segen sein. Was tun wenn man sich tatsächlich einmal verliert? Zugegeben, daran hätte ich nicht gedacht. Ich wohne nun wohl doch schon zu lange auf dem Land.

Neben den ganzen Bahnen gibt es noch den berüchtigten 100er Bus. Wird in jedem Reiseführer empfohlen. Und das zu Recht. Und zurück geht`s mit dem 200er. Da hat man dann fast schon Berlin entdeckt. Die beiden Buslinien fahren die Hauptsehenswürdigkeiten in Berlin als reguläre Haltestellen an. Man kann dann ein- und aussteigen wo man will. Soweit dazu. Aber - Dinge kann man planen - um dann festzustellen, dass sich andere gar nicht an den Plan halten wollen. Da sind doch glatt sämtliche 100er Busse im Verkehr stecken geblieben. Aber immerhin, eine freundliche Dame mit grünem Mantel und der Bezeichnung Touristenberatung gibt freundlich Auskunft über Ausweichmöglichkeiten. Also doch ab in die nächste S-Bahn.

Im Übrigen wird Dienstleistung offensichtlich hier noch groß geschrieben. Meist sitzt irgendwo ein freundlicher Mensch aus Fleisch und Blut, der bei kleinen Problemchen weiterhilft. Da hätten wir schon mal was, was die Münchner von den Berlinern lernen sollten.

Sound-Booster, Walkman oder I-Phone mit Musik – „brauchste nich“. Kurz in der S-Bahn Platz genommen klingt einem schon unaufgefordert mehr oder weniger angenehmer Lärm ins Ohr. Schön, meistens. Erwünscht, gelegentlich. Und immer verbunden mit flehenden Blicken nach ein wenig Kleingeld. Rechnet man die laufenden Geldsammler noch dazu dann heißt es auf jeden Fall, einige Euro mehr einpacken. Oder einfach ignorieren. Ja nach Lust und Geldbeutel.

Ansonsten, die Berliner müssen sehr gesund sein. Zumindest was Herzinfarkte betrifft. Dagegen soll ja Treppensteigen sehr hilfreich sein zur Vorbeugung. Nun - an den meisten S-Bahnstationen gibt es keine Rolltreppen, und wenn dann funktionieren sie nur sporadisch. Jedenfalls an denen, „wo“ wir gewesen sind. Andererseits - die Stadt ist sehr hektisch. Und wem das noch nicht schadet. Vorsicht ist geboten an den Fußgängerampeln. Lieb sind sie wirklich die netten Ampelmännchen, die uns vielerorts noch dabei helfen sollten die Straße zu überqueren. Das Stopp-Männchen und das wandernde Grünmännlein. Aber auch hier gilt - manchmal gefallen sie sich selbst so sehr, dass sie gar nicht umschalten. Von rot auf grün. Das kann ganz schön ungesund werden. Die berühmten kleinen Manschgerl in den Ampeln haben übrigens sogar ihren eigenen Shop in Berlin.

Berlin ist die Geburtsstadt der Currywurst. Die gibt es angeblich an allen Ecken und Enden in allen Variationen. Als bekennender Curry-Wurst-Fan war ich auch darauf gespannt und hatte mich schon auf ein paar sündige Tage eingestellt. Tatsächlich. Mit Schrippe, sprich langer, ovaler „Semmel (bayerisch)“ was auf Deutsch Brötchen heißt. Oder auch mit Pommes. Damit das Essen auch wirklich so richtig ungesund wird. Nett sind auch die „laufenden“ Currywurstbuden mit vorgespannten Menschen. Und preiswert. Dazu gibt`s einfach Senf oder Ketchup. Während meines Aufenthalts in Berlin habe ich die Currywurst-Bruzzler allerdings nur gesichtet am Alexanderplatz. Und sofort schweifen meine Gedanken wieder nach München. Wie das wohl wäre. Mit einem Kessel voller kochender Weißwürste vor dem Bauch. Einen Mythos habe ich jedenfalls aufgedeckt. Danach gefragt ob ich die Wurst mit Darm will oder ohne wurde ich nie. Vielleicht hat man mich ja auch als Bayer erkannt. Vielleicht haben die gedacht, die kennen das ja eh nicht. Beliebt sind in Berlin auch die Buletten, die Fleischklöße, in Bayern Fleischpflanzerl genannt. Obwohl das einzig pflanzliche daran vermutlich ein paar Kräuter zum Würzen sind. Und die Berliner Pfannkuchen, die heißen bei uns Krapfen. Aber nie so bestellen. Dort oben kennt das keiner.  

Der Alexanderplatz mit Blick auf den Fernsehturm ist geprägt vom Alexa, einem gigantischen Kaufhaus. Übrigens dem Trubel mal kurz entrinnen kann man an der Rückseite des Gebäudes in einem kleinen Cafe. Dort gibt es auch herrliches Eis.

Was in Berlin sonst noch zu sehen ist, das findet man in jedem Reisefüher. Mit Angaben über den Erbauer, das Datum, die Hintergründe. Ein paar Tage Berlin! Um alles entdecken zu können müsste man sich hier schon längere Zeit häuslich niederlassen. Soll doch auch der Berliner Lifestyle nicht auf der Strecke bleiben. Und da wird man dann schon ganz schön „aufgehalten“. In den kleinen und großen Läden und Shopping-Meilen, den Restaurants, den Bars und und und. Vermutlich gibt es hier nichts, was es nicht gibt. Gelegentlich auch bis 22.00 Uhr; was so einer Stadt bis in die Abendstunden hinein Leben einhaucht. Sogar manche Museen haben bis 22.00 Uhr geöffnet, darunter auch das Museum am Checkpoint Charlie, das Currywurst-Museum und an den Donnerstagen auch die Museen auf der Museumsinsel. Berlin schläft offensichtlich nie.

Dennoch bleibt immer zu wenig Zeit. Man will ja nicht nur durchjagen durch die Sehenswürdigkeiten, sondern auch ein Stück Berliner Leben in der berüchtigten Berliner Luft einatmen. Das geht auch gut am Kurfürstendamm und obligatorisch ist dort auf jeden Fall neben der Gedächtniskirche auch das Kadewe, Europas größtes Kaufhaus.
Berlin ist tatsächlich viel mehr als unsere Hauptstadt. Berlin ist ein Lebensgefühl. Und manchmal ist Berlin wie es scheint immer noch Ost und West. Berlin ist immer noch eine Stadt im Umbruch, eine ständige Baustelle und eine Stadt des Ringens um die Gunst der Touristen. Zu Recht. Keine andere Stadt auf der Welt kann diese Geschichte vorweisen.  

Für uns, die wir nicht direkt damit aufgewachsen sind, sind manche Dinge interessant und schier unfassbar. Nehme man nur einmal die Brücke an der Bornholmer Straße mit dem ersten Grenzübergang, der für die Ausreisewilligen damals geöffnet wurde oder das Brandenburger Tor. Unvorstellbar, dass man da nicht durchgehen konnte. Ende - Schluss aus. Dabei lädt es geradezu ein, hindurch zu schreiten. Was muss das für ein Gefühl sein für einen Berliner, für den der Durchgang jahrzehntelang verschlossen war. Egal ob Ost oder West.


Wie die Menschen in der DDR lebten, lässt sich sehr gut im DDR-Museum erforschen. Für Kinder übrigens ausgesprochen interessant. Die vielen Kästchen und Türchen mit den Informationstafeln oder dem Original-Trabi. Auf die Frage nach dem DDR-Museum - gerichtet an einen derjenigen, welche an den S-Bahnhöfen für Kundenfreundlichkeit sorgen sollen - kommt die Antwort auf die Frage nach der Lage prompt. Ach ja und der Checkpoint-Charlie, der ist U-Bahnhaltestelle Kochstraße. Der Mann kennt sich aus in seinem Job. Allerdings im DDR-Museum selbst ist er noch nie gewesen. "Ich habe lange genug damit gelebt, ich brauch mir das nicht anzuschauen.“ Irgendwann werden es nur noch wenige sein, die sich überhaupt noch daran erinnern können. Ostalgie hin oder her.

Das DDR-Museum liegt in der Nähe der Hackeschen Höfe, deren Innenhöfe tatsächlich so malerisch wie beschrieben sind. Auch das ist typisch für Berlin, mehrere Häuser mit gemeinsamen Innenhöfen verbunden durch zahlreiche Übergänge. Das designierte Muss für jeden Berlin Besucher, oder auch nur für diejenigen die sich für „alte Sachen“ interessieren ist die Museumsinsel neben dem Berliner Dom.


„Ich bin ein Berliner.“ Jetzt jedenfalls ein kleines bisschen und werde in Zukunft immer ein klein wenig Wehmut empfinden wenn ich etwas höre von der lebensfrohen Stadt, in der alles möglich scheint.