Freitag, 12. April 2013

Das Biermuseum in der Altstadt


Was verbindet die Bayern mit den Ägyptern und was hat das mit dem beliebten Nationalgetränk zu tun, das seit dem Reinheitsgebot nur aus Hopfen, Malz und Wasser bestehen darf? Dies ist noch einiges mehr erfährt man im Biermuseum, untergebracht in einem der ältesten Bürgerhäuser  Münchens. Dort ist die Entstehungsgeschichte des begehrten Hopfensaftes in Film, Dokumenten, Bildern und Anschauungsstücken dargestellt. Außerdem wurde das Oktoberfestmuseum integriert, in dem man sich einen Überblick über die bunte Welt der Wies`n  von der Hochzeit Ludwig I. mit der Prinzessin Theresia von Sachsen-Hildburghausen bis hin zum größten Volksfest überhaupt verschaffen kann. Die Werbekampagnen und Jux-Gruß-Postkarten der letzten Jahrzehnte geben nicht selten Anlass zum Schmunzeln.

Während des Rundgangs trifft man auf allerlei Zubehör rund um das Gebräu

Das Gebäude, in dem sich das Museum befindet, zählt zu den ältesten Bürgerhäusern Münchens und stammt noch aus dem Jahr 1340. Allein das Haus mit seinen verwinkelten Zimmern und Balken ist schon einen Besuch wert. Bemerkenswert sind vor allem die Gewölbemalereien  und die originale offene Feuerstelle, die so genannte Schwarze Kuchl. Das Haus besitzt auch noch eine der wenigen  Himmelsleitern, eine Münchner Besonderheit. Die Treppe führt über einen gesonderten Eingang vom untersten Stockwerk geradewegs hinauf in Räume ganz oben.

Man sollte nach Möglichkeit dem vorgegebenen Rundgang folgen. Das Gebäude ist fast wie ein Labyrinth in sich verschachtelt, von außen möchte man gar nicht vermuten, dass sich so viele Räume darin verbergen. Außerdem sind die Türen der damaligen Zeit entsprechend teilweise etwas niedrig, also rechtzeitig den Kopf einziehen.

Die Ausstellung zeigt zahlreiche Vitrinen mit verschiedenen Bierkrügen, diverse Getreidesäcke, Bierkästen und allerlei Gegenstände, die zur Herstellung benutzt wurden. Beschrieben werden die einzelnen Stücke auf informativen Tafeln über die Herstellung des Bieres nach dem Reinheitsgebot, das zunftische Brauwesen, die verschiedenen Bierarten und Brauereien. Daneben befinden sich zahlreiche historische Dokumente und Bilder. Außerdem erhält man nähere Informationen über die so genannten „Bierbarone“, die Anfang des 19. Jahrhunderts den Wandel von der handwerklichen Tradition zur industriellen Produktion im Brauwesen initiierten.

Die eiserne  Eiszange am Anfang des Rundganges wirkt auf den ersten Platz etwas deplaziert. Dennoch wurde sie zum unentbehrlichen Werkzeug für die Bierbrauer. Man wollte die Herstellung des Bieres nicht mehr vom Wetter abhängig machen und suchte nach Möglichkeiten, dieses möglichst lange kühl zu halten. Mangels elektrischer Kühlschränke (die waren noch nicht erfunden) und dem nach dem Reinheitsgebot verbotenen Zusatz von Haltbarkeitsmitteln entschloss man sich zur Natureiskühlung. Anhand des Modells eines Lagerkellers mit Kältemaschine aus der Zeit um 1880 wird dargestellt, wie die Brauereien ihr kostbares Gut lagerten. An den Isarhängen entstanden damals zahlreiche dieser Bierkeller, in denen unterirdisch  das Bier gelagert wurde und darüber riesige Eisklötze zumindest einige Monate für die nötige Kälte sorgten. Im Winter wurden die riesigen Eisblöcke aus den Seen herausgeschnitten und mit Hilfe der Eisenzange herausgehoben.  

Der kunstvoll gefertigte Hopfenhut in einer Vitrine wurde früher sozusagen als Lockmittel vor die Gaststätten gehängt. Passanten konnten daran erkennen, dass in diesem Haus frisches Sommerbier angeboten wird. Der vermeintliche „Davidstern“ daneben ist eigentlich ein Sechsstern, das Zunftzeichen der Brauer. In der Ausstellung wurden auch verschiedene historische Wirtsräume eingerichtet, darunter ein traditioneller Bierausschank mit Fass, Schankstuhl und Eisenbiertragerl.

Die wertvolle Zunftlade aus dem 17. Jahrhundert enthielt alle wichtigen Papiere der Brauzunft, bis heute erneuern alle neuen Direktoren der Münchner Brauereien ihren Eid auf das Reinheitsgebot vor der Lade, die Gesellenbriefe für die neuen Braugesellen werden aus ihr überreicht

Zu den Ausstellungsstücken zählt auch ein tönerner „Keferloher Krug“. Durch seine Herstellungsart war er besonders dafür geeignet, den kostbaren Inhalt kühl zu halten, ab 1892 wurde das tönerne Gefäß immer mehr durch Glaskrüge ersetzt. Die darüber hinaus ausgestellten 1-Liter-Maßkrüge zum Oktoberfest sind begehrte Sammlerstücke, da die Krüge jedes Jahr mit den aktuellen Motiven bedruckt werden. Allerdings ist das Sammeln direkt am Tatort Oktoberfest natürlich nicht erlaubt, man kann die Krüge aber käuflich erwerben.

Der Besuchermagnet ist zweifelsohne das Oktoberfestmuseum im dritten Stock

Die Fans des berühmten Volksfestes erhalten hier umfangreiche Informationen über die Entstehungsgeschichte der Wies`n, die sich von einem Pferderennen mit kleinem Vergnügungsfest für die Bürger anlässlich der Hochzeit Ludwig I. mit der Prinzessin Theresia von Sachsen-Hildburghausen 1810 zum weltberühmten Mega-Event entwickelt hat. Gezeigt wird im Museum auch die Fahne des Kronprinzen Ludwig, wie sie anlässlich seiner Hochzeit gefertigt wurde. Sie ist mit seinem  Motto für das ursprüngliche Fest bestickt: „Volksfeste freuen mich besonders. Sie sprechen den Nationalcharakter aus, der sich auf Kinder und Kindeskinder vererbt.

Einige Darstellungen zeigen die phantasievollen Bierzelte mit Türmen und Erkern in der Zeit um 1910. Die aufwändig gestalteten „Bierburgen“ mit Klappstühlen und Tischen im Inneren  mussten mittlerweile den einfacheren Bierzelten weichen. Über sechs Millionen  Oktoberfestbesucher, die mittlerweile jährlich auf die Wies`n strömen und rund fünf Millionen Liter Bier zu sich nehmen, hätten in diesen altertümlichen Gebilden längst schon keinen Platz mehr. Der Münchner Komiker Karl Valentin behauptete allerdings, dass die Leut` so recht übertreiben würden mit der viel besuchten Wies`n. Als er sie einmal besucht hat, hatte er keine Menschenseele angetroffen. Nach eingehender Diskussion erklärte man ihm nun, dass mit der Wies`n das  Oktoberfest auf der Theresienwiese gemeint sei, nicht die Theresienwiese selbst. Man müsse die Wies`n im September besuchen, nicht etwa im Dezember. Im Dezember ist es also auf jeden Fall zu spät, aber auch Mitte Oktober wird man nur noch den Abbau der Wies`n  beobachten können. Witterungs bedingt beginnt das größte Volksfest der Welt mittlerweile im September, der Name Oktoberfest ist ihm aber geblieben.

In Vitrinen werden wertvolle Bierkrüge aufbewahrt, an den Wänden befinden sich Oktoberfestplakate aus den verschiedenen Jahrzehnten. Die Sammlung der Bierkrüge zeigt ebenfalls die unterschiedlichen Jahresmotive. Die Krüge auf dem Bierfest werden jährlich mit dem Motto des Bierfestes bedruckt. Alte Witzige Grußkarten, die von den Besuchern verschickt werden konnten an diejenigen, die zu Hause bleiben mussten. Eine  weitere Vitrine enthält  die begehrten Pokale, die man in den Jahren um 1900 beim Hochradfahren, Pferderennen oder Adler-Schießen ergattern konnte. Ein Hauch von Nostalgie schwebt über dem  Karussellpferd von 1910.

Darüber hinaus gibt es Informationen und Bildwerke über einige berühmte Wies`n Wirte wie z.B. dem bayerischen Herkules, dem Gewichtheber Steyrer Hans, der von 1879-1906 ein Zelt auf dem Oktoberfest betrieben hatte und dort Darbietungen seiner athletischen Leistungen zur Schau stellte.


Im vierten Stock informiert ein mit Bierbänken bestücktes Kino über die Geschichte des Bieres von der Völkerwanderung bis zu den Klöstern

Bereits als die Menschen sesshaft wurden, entdeckten sie die Nutzung des Getreides als Grundnahrungsmittel. Dazu gehörte das Brot, aber auch die Herstellung eines Sudes aus  gebackenem Brotteig, das Brotbier. Die ersten Bierrezepte schrieben also die Völker am Nil bereits vor 5000 Jahren, die Bierbrauer der Antike waren somit eigentlich Bäcker. Als Geschmacksverstärker dienten damals in erster Linie noch Datteln, die dem Sud des in Wasser eingelegten Brotteiges beigemischt wurden.

Auch bei den Germanen und Kelten galt Bier als wichtiges Grundnahrungsmittel. Bis ins Mittelalter wurden allerlei  Zusätze wie Tollkirsche oder Bilsenkraut beigegeben. Den sich ergebenden Rauschzustand schrieb man den Zauberkräften der Kräuter zu, später dann göttlicher Einwirkung. In den Klöstern erforschte man die Wirkung der Pflanzen und fand dabei heraus, dass Hopfen die Haltbarkeit und den Geschmack des Bieres verbessert.  Seit 1516 gibt es das Reinheitsgesetz, welches die Inhaltsstoffe regelt und besagt, dass sich im darin nur Hopfen, Wasser und Malz befinden sollen.

Im Gebäude befindet sich auch das Museumsstüberl, in dem man, nachdem man sich nun theoretisch über das bayerische Nationalgetränk informiert hat, auch die praktische Seite ausprobieren kann. In den historischen Räumen gibt`s dazu auch bayerische Brotzeit und echte Wirtshausatmosphäre. Das angebotene Bier stammt aus der Augustiner Brauerei, einer der ältesten Brauereien Münchens, sie beglückt die Münchner seit 1328 bis heute mit dem nach dem ältesten Lebensmittelgesetz gebrauten Grundnahrungsmittel.  In Massen genossen, nicht in Maßen braucht man übrigens keinerlei schlechtes Gewissen beim Verzehr des alkoholischen Getränkes haben. Die Nutzung des Hopfens als Schlaf- und Beruhigungsmittel wird in den letzten Jahren immer mehr in den Vordergrund gestellt. Der Hopfen gilt sogar als Arzneipflanze des Jahres 2007.