Freitag, 12. April 2013

Das Valentin-Musäum im Turm des historischen Isartores


„Mögen hätt`ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut“ ist wohl einer der berühmtesten Sprüche des bayerischen Komikers Karl Valentin. Trauen Sie sich ruhig und werfen sie einen Blick in das Kuriositätenkabinett des münchnerischsten aller  Münchner. Verstehen muss man ihn allerdings schon, den  Humor des „Skelettgigerls“ mit dem leicht tragischen Einschlag. Wenn Sie das rostige Ding in der Wand nicht einfach nur nüchtern als bloßes Verbindungselement erkennen, sondern als „Nagel an den der Karl seinen Beruf gehängt hat“, sind Sie hier genau richtig. Dürfen darf man hier auch, nämlich seine Eindrücke hinterlassen. Zufriedene Besucher können ihre Bewertung in einem Postkasten am Ausgang abgeben. Aber auch unzufriedene Besucher werden aufgefordert, Ihrem Ärger zu Luft machen. Diese werden dann schlicht darauf hingewiesen, dass sie  eben  ein anderes Valentin-Musäum besuchen sollten.

Das Museum im Turm des historischen Isartores

Das Musäum (dies ist kein Schreibfehler, das Panoptikum des spindeldürren Münchner Originals wird bewusst so bezeichnet) ist im Wehrturm des Isartors, dem best erhaltenen Stadttor der zweiten Stadtmauer untergebracht. Laut Karl Valentin wurde dieses im Jahr 1337 eigens dafür gebaut, um die Zukunft draußen zu halten. Das Fresko an der Hauptseite des Tores zeigt Kaiser Ludwig beim Triumphzug nach dem Sieg gegen die Habsburger 1322 bei Ampfing. Kritische Stimmen bemängeln, dass sich die meisten Memoiren  an den „Nationalhelden“ der Bayern in Köln befinden und auf die Auswertung warten. Entscheiden Sie selbst. Das Musäum ist nicht besonders groß, aber „Wenn alle die kemma woitaten, kemmaten, kemman net olle nei, weil aber net olla kemma, kemman olle nei. Also kemmt`s olle, na werdn scho olle neikemma“. (Die Übersetzung hierfür lautet: Wenn alle, die kommen wollten, kommen würden, kämen nicht alle hinein. Weil aber nicht alle kommen, kommen alle hinein. Also kommt alle, dann werden schon alle hineinkommen). 2007 hätte der Meister des Unsinn, Tiefsinns und Blödsinns seinen 125. Geburtstag gefeiert. Über den bayerischen Charlie Chaplin soll ein Film gedreht werden, dessen Hauptdarsteller allerdings ein Österreicher ist. Ein Abbild des urkomischen bayerischen Originals zu finden, war eben selbst in Bayern in der heutigen Zeit nicht möglich.


Die Einstimmung in die humorvolle Kuriositätensammlung des Schauspielers, Clowns, Volkssängers und Parodisten mit dem runden, schwarzen Hut als Markenzeichen, erhält man bereits am Eingang. Wie das ganze Schaffen des bayerischen Volkskomikers fallen natürlich auch die Preise und Öffnungszeiten aus der Reihe.  Am unscheinbaren Eingang zum Museum wird darauf hingwiesen, dass man für  die 79 Stufen bis zum Turmstüberl Kalorien verliert, die beim Besuch desselben wieder eingeholt werden dürfen. Der Besuch in dem kleinen, gemütlichen Lokal  ist nach Bezahlen des Eintritts ausdrücklich erlaubt.

Schon der Aufstieg über den Wandelgang zu den einzelnen Stockwerken ist ein Erlebnis. Gleich am unteren Teil der Treppe passiert man den berühmten Nagel, an dem besagter Valentin seinen Schreinerberuf hängte, anstelle einer königlichen Robe hat man aufgrund des Platzmangels eben die Jacke des Hausmeister aufhängen müssen. Die hat er getragen, als er seine Frau kennen lernte.

Vorbei an den den Pappmachee-Füßen eines Handwerkers, der sich vor lauter Übereifer beim Bauen selbst in den Turm eingemauert hat und  einem Foto von dem Ausblick, den man von hier aus hätte, wenn die Mauer nicht wäre, gelant man zu dem in dezentem Schwarz gehaltenen Versuch des Komikers, sein vielseitiges Talent auch in der Kunst umzusetzen. Es handelt sich um das Bildnis eines Kaminkehrers bei Nacht, das kunsthistorisch betrachtet eigentlich nirgends eingeordnet werden kann. Ganz oben, kurz vor dem Turmstüberl liegt ein Marmorkuchen. Im wahrsten Sinne des Wortes, der tatsächlich in dem edlen Material geformte Kuchen soll aber absolut nicht auf die Konsistenz der Leckereien hinweisen, die es im Lokal zu verspeisen gibt. Ganz oben ist also dann das Turmstüberl, ein gemütliches Cafe, in dem die Stühle des berühmten Cafe Größenwahns im Thonet-Stil neue Verwendung finden. Mit etwas Glück sitzt man hier auf einem der Stühle, auf denen sich berühmte Persönlichkeiten wie Erich Mühsam, Frank Wedekind oder Ringelnatz niedergelassen hatten.

Im ersten Stock ist eine Ausstellung mit Fotos, Dokumenten, Zeitungsausschnitten und den geistigen Ergüssen des Herrn Valentin. Die Sammlung des größten Blödsinns enthält typische Sprüche von Valentin, die da lauten:  „Steigens ruhig ein, der Sanitäter trogt Eahna scho raus“, man findet ungiftige Schwämme, die aber trotzdem ungenießbar sind wie den  Gummi- oder Bade-Schwamm oder einen liegenden Stehkragen. Am  Kamm der Loreley hängen tatsächlich noch ein paar güldene Haare von der bezirzenden Schönheit, ein Foto zeigt Helmut Winter, der den Valentin-Taler erhielt für die Knödl-Schleuder, die er gegen Tiefflieger entwickelte. Der Fleischwolf in der Vitrine ist ebenfalls eine geniale Erfindung des Exzentrikers mit dem makabren Humor, darunter findet man die Bezeichnung „Gebissersatz“.

Der zweite Stock erinnert in Ton und Bild auch an Liesl Karlstadt, eigentlich Elisabeth Wellano, die Karl Valentin nicht nur als Partnerin auf der Bühne zur Seite stand. Hier findet man Hüte der Kabarettistin zum Anprobieren und daneben gleich einen Spiegel. Dort kann man sich über sich selbst lustig machen. Eine hohe Kunst, die das Komikerduo Karl und Liesl wie kaum jemand sonst  beherrscht hab. Über einen Außengang entlang des Isartores mit herrlichem Blick auf das Tal und das Alte Rathaus gelangt man  in den gegenüberliegenden Turm, in dem  Wechselausstellungen abgehalten werden.  

Eine wichtige Örtlichkeit, die „Befreiungshalle“ für die Herren befindet sich im zweiten Stock des Museums. Die für die weiblichen Wesen einen Stock weiter oben, direkt am Eingang zum Turmstüberl, vielleicht weil man weiss, dass die Damen der Schöpfung sich von den lecker duftenden frischen, selbstgemachten Torten leicht dazu hinreißen lassen, im Cafe zu verweilen und sich zu ein oder andere kalorienhaltige Speise zu genehmigen, um anschließend wieder um die Anzeige auf der Waage zu beklagen.

Karl Valentin und Liesl Karlstadt zu Ehren wurden auf dem Viktualienmarkt zwei Brunnen errichtet.