Sonntag, 1. November 2015

Buchrezension "Die Farbe der Reue"



Erfahrungen im Leben hinterlassen tiefe Spuren im Bewusstsein. Damit befasst sich dieses Buch, mit den Ängsten, Wünschen und unterbewussten Interpretationen der Menschen. Gut und abwechslungsreich ist der Wechsel zwischen den beiden Hauptpersonen vom Vater zur Tochter. Beide Lebenssituationen laufen parallel nebeneinander her und halten bis zum Ende die Spannung aufrecht, ob der getrennte Weg der beiden sich wieder zusammenfügen wird. Eine Schilderung von zwei komplett unterschiedlichen Lebensläufen, die eine gemeinsame Verbindung haben, einen gemeinsamen Ursprung und dennoch zwei völlig verschiedene Welten widerspiegeln. Und doch erzählen, wie es jedem der "kleinen Leute" ergehen könnte oder vielleicht ergangen ist.

Es ist aber gelegentlich auch ein Blick in eine trostlose Welt und schildert, wie eine einzelne Entscheidung den Lebensweg vieler Menschen und deren Umfeld bestimmen kann. Ja, die Gedanken und Empfindungen maßgeblich prägen kann. Zwei Menschen auf der Suche nach der längst verdrängten Vergangenheit, die sie doch nicht loslässt und zugleich nach Perspektiven für die Zukunft suchen lässt. Ein Schicksel das jedem von uns mit auf den Weg gegeben wurde und uns die Geschichte so nahe bringt.

Es befasst sich damit, wie differenziert Liebesgeschichten in jüngerem und fortgeschrittenen Alter verlaufen können. Zwei Menschen auf der Suche nach Liebe zwischen Zweifel und Hilflosigkeit mit einem immer wieder aufkeimenden Funken Hoffnung in das Gute. Und auch damit wie das eigene Verhalten - nämlich das der Tochter - einer beinah zwanghaften Lügnerin das Vertrauen in andere Menschen schwinden lässt. Und wie leichtfertig sie dennoch über andere urteilt, ohne ihre eigenen Fehler zu erkennen.

Ein durch und durch spannende, gelegentlich auch sehr nachdenklich stimmender Roman, der es dem Leser gut ermöglicht sich in die Darsteller hineinzuversetzen. Das Ende, leider ziemlich diffus, mag letztendlich denen sehr gut gefallen, die sich ihr eigenes "Happy End" oder den Fortgang der Geschichte selbst interpretieren wollen.

Anhand des Beispiels eines frisch aus der Haft entlassenen Mannes macht uns das Buch deutlich, wie selbstverständlich wir mit dem Begriff "Freiheit" und "Selbstbestimmung" umgehen.

Die Farbe der Reue von Roy Jacobsen, aus dem Norwegischen übersetzt von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann, Osburg Verlag, ISBN 3-978-3-940731-74-6