Lifestyle
in Nordkorea, dem rätselhaftesten Land der Welt
Nordkorea
öffnet sich der Reise- und Tourismusbranche in kleinen Schritten
Lifestyle in
Nordkorea heißt Leben für den Staat: „Frage nicht, was die Demokratische
Volksrepublik Nordkorea für Dich tun kann, sondern was Du für die Demokratische
Volksrepublik Korea tun kannst.“ So lautet einer der Slogans in dem unbekannten
Land, welches von einem der totalitärsten aller Systeme regiert wird. In dem
ostasiatischen Staat stellt man keine Fragen, alle sind bereits beantwortet. Der
Weg ist vorbestimmt. Die Regierung beschützt seine Bürger und sagt ihnen, was
zu tun ist. „Charakter ist Schicksal“ ist ein Zitat des nordkoreanischen
Führers Kim II Sung, der seit seinem Ableben im Jahr 1984 immer noch als „Ewiger Präsident“ über seinen Tod hinaus
verehrt wird. Der stalinistische Diktator wird in der nordkoreanischen
Propaganda als der „Große Führer“ bezeichnet.
In
Nordkorea ist man glücklich. Es ist eine andere Art der Glückseligkeit. Man ist
froh, wenn der Tag normal verläuft, man zu essen hat und niemand ins
Arbeitslager wandert. In Nordkorea besudelt einen keine Werbung und weckt
niemals endende Begehren nach Sachen, die man nicht braucht. Die Schrecken des
Kapitalismus überschatten nicht die abgeschirmte Nation Nordkorea. Westliche
Gesetze verursachen, sollte jemals einer aus dem Land herauskommen, mehr als
Verwunderung. Amerika ist ein merkwürdiges Land, weil dort die Klapperschlage
gesetzlich geschützt wird. Ein Untier, das von seinen Opfern verteidigt wird
und Menschen, die mit Tieren in einem Haus leben. So was würde es in Nordkorea
niemals geben. Denn dort sind nicht einmal die Menschen vor der staatlichen
Willkür sicher.
Dennoch
– man beklagt sich nicht in Nordkorea. Vorsichtshalber. Über Arbeit beschwert
man sich niemals, hat man doch keinesfalls so viel geleistet wie der geliebte
Führer. Deswegen ist der geliebte Führer ein Mensch, zu dem man aufblicken
muss, den man verehren muss, ein Mensch dem man alles verdankt. Aber auch ein
Mensch, dessen Gunst man auf Gedeih und Verderben ausgeliefert ist.
Glaubt
man der Propaganda, dann denunzieren wir westlichen Kulturen das rätselhafteste
Land der Welt. Betrachten wir nicht einerseits die manipulativen
Farbglanzprospekte, die Vorspiegelung einer Welt in Glanz und Glamour mit
Argwohn und fragen uns dennoch wie man in Nordkorea ohne dies alles leben kann.
Nordkorea ist rein und soll von nicht verdorben werden.
In
Nordkorea ist man versorgt, solange man sich an die Regeln hält. Ganz einfach.
Ist das nicht ein guter Deal. Keine Unzufriedenheit, keine Fragen, keine
Entscheidungen und keine Freiheit des Geistes. Und ist es nicht manchmal besser
nicht zu denken und nicht entscheiden zu müssen. Unter diesem Aspekt kann die
Frage, was ist Freiheit schwer beantwortet werden. Wann fühlt man sich
lebendiger. Wenn man gerade aus dem Dreck gekrochen ist und wieder die Sonne
sieht. Oder wenn man die Sonne ständig vor sich hat und sie gar nicht mehr zu
schätzen weiß.
Manche
Menschen nehmen ihr Schicksal hin, andere nicht. Vielleicht ist es gut, dass
diese Menschen nur in seltenen Fällen und
nach reichlicher Überprüfung die Gelegenheit haben ihr Land zu
verlassen. Was macht man, wenn man einmal den Duft der weiten Welt geschnuppert
hat. Würde man sich dann in Nordkorea wieder wohl fühlen können.
Für
die Bürger aber soll das geliebte Land eine Insel der Glückseligkeit sein, umringt
von falschen Staatsformen. Eine paradiesische Welt, frei von allem. Ein Land,
in dem man keine materialistische Habgier kennt. Selig sind die, die nichts
wissen, denn ihnen gehört das Himmelreich.
Oder
ist die Vorspiegelung der großartigsten Nation der Welt ein riesengroßes,
gigantisches Schauspiel. Gibt es diese Straflager, in denen die ihr Dasein
fristen, die ihre Rolle nicht spielen wollen oder gibt es sie nicht. Verschwundene
Personen, die anstatt von Reichtum und Demokratie von Entbehrung und Verlust
reden befinden sich offiziell auf einer sorgenfreien Insel. Wer aus unseren
Breitengraden Nordkorea besucht hat, kann dennoch niemals wirklich da gewesen
sein. Wer weiß, ob das was man dort gesehen und gehört hat nicht nur für eine
unglaublich groß angelegte Kampagne inszeniert wurde. Was ist Realität was ist
Lüge? Was ist gut und was ist böse?
Wer
das Buch „Das geraubte Leben des Waisen Jun Do“ von Adam Johnson gelesen hat,
möchte denken, das ist nur ein Roman. Ob es so ist oder so war werden wir erst
erfahren, wenn die Schriftsteller aus dem asiatischen Land an der Grenze zu
Südkorea ihr eigenes Werk verfassen dürfen. Aber Nordkorea ist ein Land, das
man sich nicht ausdenken kann, es ist real. So hat der Autor des Buches nur mit
vorher ausgewählten Personen sprechen dürfen. Und doch erzählen
Republikflüchtlinge und Zeugenaussagen von Überlebenden des Gulags
erschreckende Geschichten von Menschen, die den Alltag in Nordkorea erlebt
haben. Sie ähneln sehr dem Albtraum, der in dem Werk beschrieben wird. Adam
berichtet über seine Reise im Rahmen der Recherche für das Buch ihm wäre
aufgefallen, dass man nirgendwo Behinderte sieht und dass alle Frauen dieselbe
Lippenstiftfarbe tragen. Von einem Lkw von „Freiwilligen“ unterwegs aufs Land
und davon, dass jeder, den er treffen durfte zuvor ein spezielles Training
durchlaufen hat. Mit Menschen denen er auf der Straße begegnet ist sprechen
durfte er nicht. Die meisten Bewohner sehen Ausländer nicht einmal an, um kein
Risiko einzugehen. So hat er in seinem Buch einen fiktiven Menschen zum Leben
erweckt. Für die Schilderungen wie die Grundsätze des Totalitarismus, das
Menschliche in uns zu vernichten verpackt in einen Bildungsroman, einen
Spionage-Thriller, eine Liebesgeschichte und eine Geschichte über Erlösung in
einem Buch erhielt Johnson den Pulitzer-Preis 2013. Die höchste Auszeichnung für
amerikanische Autoren für einen Roman, der die menschliche Seite Nordkoreas zu
beleuchten versucht.
Nordkorea
ist nichts für Querdenker und Freigeister. Für Touristen ist Nordkorea ein
interessantes, unbekanntes Land. Natürlich will man hier ein Stück vom Kuchen
abhaben und bietet ganz kapitalistisch Reisen an. Zum Friedhof der
Revolutionshelden oder auch in die Gewächshäuser in denen die Nationalblumen Kimjongilie
und Kimilsungie gezüchtet werden. Der Gast bewundert sozialistische
Architektur, Museen und genießt die kulinarischen Varianten der koreanischen
Kochkunst. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Für Touristen kann
es faszinierend sein, sie bekommen ohnehin nur die Schokoladenseite zu Gesicht.
Das Land geht langsam auf den Rest der Welt zu so scheint es. Wen es nicht
stört, bei der Ankunft sein Handy abzugeben, mangels Internet keinen Anschluss
zur Außenwelt zu haben und davon auszugehen, dass geführte Telefonate überwacht
werden, der wird staunen ob der Andersartigkeit, der abwechslungsreichen
Landschaften und der unberührten Natur. Fotos sollten nur gemacht werden, wenn zuvor
eine Erlaubnis erteilt wurde. Ansonsten können vermeintlich harmlose
Fotografien immense Probleme auslösen. Die Erlaubnis kann der ständige
Begleiter vor Ort erteilen, alleine durch Nordkorea reisen ist nämlich nicht
möglich. Journalisten erhalten in der Regel überhaupt keine
Einreisegenehmigung.