Montag, 2. November 2015

Nordkorea, das rätselhafteste Land der Welt

Lifestyle in Nordkorea, dem rätselhaftesten Land der Welt

Nordkorea öffnet sich der Reise- und Tourismusbranche in kleinen Schritten

Lifestyle in Nordkorea heißt Leben für den Staat: „Frage nicht, was die Demokratische Volksrepublik Nordkorea für Dich tun kann, sondern was Du für die Demokratische Volksrepublik Korea tun kannst.“ So lautet einer der Slogans in dem unbekannten Land, welches von einem der totalitärsten aller Systeme regiert wird. In dem ostasiatischen Staat stellt man keine Fragen, alle sind bereits beantwortet. Der Weg ist vorbestimmt. Die Regierung beschützt seine Bürger und sagt ihnen, was zu tun ist. „Charakter ist Schicksal“ ist ein Zitat des nordkoreanischen Führers Kim II Sung, der seit seinem Ableben im Jahr 1984 immer noch als  „Ewiger Präsident“ über seinen Tod hinaus verehrt wird. Der stalinistische Diktator wird in der nordkoreanischen Propaganda als der „Große Führer“ bezeichnet.

In Nordkorea ist man glücklich. Es ist eine andere Art der Glückseligkeit. Man ist froh, wenn der Tag normal verläuft, man zu essen hat und niemand ins Arbeitslager wandert. In Nordkorea besudelt einen keine Werbung und weckt niemals endende Begehren nach Sachen, die man nicht braucht. Die Schrecken des Kapitalismus überschatten nicht die abgeschirmte Nation Nordkorea. Westliche Gesetze verursachen, sollte jemals einer aus dem Land herauskommen, mehr als Verwunderung. Amerika ist ein merkwürdiges Land, weil dort die Klapperschlage gesetzlich geschützt wird. Ein Untier, das von seinen Opfern verteidigt wird und Menschen, die mit Tieren in einem Haus leben. So was würde es in Nordkorea niemals geben. Denn dort sind nicht einmal die Menschen vor der staatlichen Willkür sicher.

Dennoch – man beklagt sich nicht in Nordkorea. Vorsichtshalber. Über Arbeit beschwert man sich niemals, hat man doch keinesfalls so viel geleistet wie der geliebte Führer. Deswegen ist der geliebte Führer ein Mensch, zu dem man aufblicken muss, den man verehren muss, ein Mensch dem man alles verdankt. Aber auch ein Mensch, dessen Gunst man auf Gedeih und Verderben ausgeliefert ist.

Glaubt man der Propaganda, dann denunzieren wir westlichen Kulturen das rätselhafteste Land der Welt. Betrachten wir nicht einerseits die manipulativen Farbglanzprospekte, die Vorspiegelung einer Welt in Glanz und Glamour mit Argwohn und fragen uns dennoch wie man in Nordkorea ohne dies alles leben kann. Nordkorea ist rein und soll von nicht verdorben werden.

In Nordkorea ist man versorgt, solange man sich an die Regeln hält. Ganz einfach. Ist das nicht ein guter Deal. Keine Unzufriedenheit, keine Fragen, keine Entscheidungen und keine Freiheit des Geistes. Und ist es nicht manchmal besser nicht zu denken und nicht entscheiden zu müssen. Unter diesem Aspekt kann die Frage, was ist Freiheit schwer beantwortet werden. Wann fühlt man sich lebendiger. Wenn man gerade aus dem Dreck gekrochen ist und wieder die Sonne sieht. Oder wenn man die Sonne ständig vor sich hat und sie gar nicht mehr zu schätzen weiß.

Manche Menschen nehmen ihr Schicksal hin, andere nicht. Vielleicht ist es gut, dass diese Menschen nur in seltenen Fällen und  nach reichlicher Überprüfung die Gelegenheit haben ihr Land zu verlassen. Was macht man, wenn man einmal den Duft der weiten Welt geschnuppert hat. Würde man sich dann in Nordkorea wieder wohl fühlen können.
Für die Bürger aber soll das geliebte Land eine Insel der Glückseligkeit sein, umringt von falschen Staatsformen. Eine paradiesische Welt, frei von allem. Ein Land, in dem man keine materialistische Habgier kennt. Selig sind die, die nichts wissen, denn ihnen gehört das Himmelreich.

Oder ist die Vorspiegelung der großartigsten Nation der Welt ein riesengroßes, gigantisches Schauspiel. Gibt es diese Straflager, in denen die ihr Dasein fristen, die ihre Rolle nicht spielen wollen oder gibt es sie nicht. Verschwundene Personen, die anstatt von Reichtum und Demokratie von Entbehrung und Verlust reden befinden sich offiziell auf einer sorgenfreien Insel. Wer aus unseren Breitengraden Nordkorea besucht hat, kann dennoch niemals wirklich da gewesen sein. Wer weiß, ob das was man dort gesehen und gehört hat nicht nur für eine unglaublich groß angelegte Kampagne inszeniert wurde. Was ist Realität was ist Lüge? Was ist gut und was ist böse?

Wer das Buch „Das geraubte Leben des Waisen Jun Do“ von Adam Johnson gelesen hat, möchte denken, das ist nur ein Roman. Ob es so ist oder so war werden wir erst erfahren, wenn die Schriftsteller aus dem asiatischen Land an der Grenze zu Südkorea ihr eigenes Werk verfassen dürfen. Aber Nordkorea ist ein Land, das man sich nicht ausdenken kann, es ist real. So hat der Autor des Buches nur mit vorher ausgewählten Personen sprechen dürfen. Und doch erzählen Republikflüchtlinge und Zeugenaussagen von Überlebenden des Gulags erschreckende Geschichten von Menschen, die den Alltag in Nordkorea erlebt haben. Sie ähneln sehr dem Albtraum, der in dem Werk beschrieben wird. Adam berichtet über seine Reise im Rahmen der Recherche für das Buch ihm wäre aufgefallen, dass man nirgendwo Behinderte sieht und dass alle Frauen dieselbe Lippenstiftfarbe tragen. Von einem Lkw von „Freiwilligen“ unterwegs aufs Land und davon, dass jeder, den er treffen durfte zuvor ein spezielles Training durchlaufen hat. Mit Menschen denen er auf der Straße begegnet ist sprechen durfte er nicht. Die meisten Bewohner sehen Ausländer nicht einmal an, um kein Risiko einzugehen. So hat er in seinem Buch einen fiktiven Menschen zum Leben erweckt. Für die Schilderungen wie die Grundsätze des Totalitarismus, das Menschliche in uns zu vernichten verpackt in einen Bildungsroman, einen Spionage-Thriller, eine Liebesgeschichte und eine Geschichte über Erlösung in einem Buch erhielt Johnson den Pulitzer-Preis 2013. Die höchste Auszeichnung für amerikanische Autoren für einen Roman, der die menschliche Seite Nordkoreas zu beleuchten versucht.

Nordkorea ist nichts für Querdenker und Freigeister. Für Touristen ist Nordkorea ein interessantes, unbekanntes Land. Natürlich will man hier ein Stück vom Kuchen abhaben und bietet ganz kapitalistisch Reisen an. Zum Friedhof der Revolutionshelden oder auch in die Gewächshäuser in denen die Nationalblumen Kimjongilie und Kimilsungie gezüchtet werden. Der Gast bewundert sozialistische Architektur, Museen und genießt die kulinarischen Varianten der koreanischen Kochkunst. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Für Touristen kann es faszinierend sein, sie bekommen ohnehin nur die Schokoladenseite zu Gesicht. Das Land geht langsam auf den Rest der Welt zu so scheint es. Wen es nicht stört, bei der Ankunft sein Handy abzugeben, mangels Internet keinen Anschluss zur Außenwelt zu haben und davon auszugehen, dass geführte Telefonate überwacht werden, der wird staunen ob der Andersartigkeit, der abwechslungsreichen Landschaften und der unberührten Natur. Fotos sollten nur gemacht werden, wenn zuvor eine Erlaubnis erteilt wurde. Ansonsten können vermeintlich harmlose Fotografien immense Probleme auslösen. Die Erlaubnis kann der ständige Begleiter vor Ort erteilen, alleine durch Nordkorea reisen ist nämlich nicht möglich. Journalisten erhalten in der Regel überhaupt keine Einreisegenehmigung.