Montag, 2. November 2015

Buchrezension "Die Kunst des Sterbens"



Der Thriller von Chris Morgan Jones beginnt im Glanz und Glamour Dubais: Der Detektiv Webster ermittelt dort zu Beginn seines Abenteuers vor Ort. Und beleuchtet die Stadt nicht nur im Schatten des Burj al Arab mit der „Verrücktheit nach Höhe und Parkplätzen“ sowie der Liebe zum Bauen. Sondern auch das andere Dubai, das ursprüngliche auf der anderen Seite des Creek. Mit dem Geruch von Meeresluft, Fisch und Schwefel. An dem Ort, an dem alles begann. Der Autor beschreibt Dubai als den unterhaltsamsten Ort der Welt. Als würde man ganz bei null anfangen. Auf einem weißen Blatt Papier. „Niemand hat ihnen erklärt, dass man in der Wüste nicht Ski fahren kann. Dass man ohne eine funktionierende Wirtschaft nicht so viel Besitz anhäufen kann. Aber es ist ihnen egal. Es ist unfassbar was sie daraus gemacht haben“. Eine kurze Weile führt Jones den Leser in die Gebräuche und die Kulinarik des Landes ein, um ihn dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Es geht um Recherchen über eine mehr oder weniger zwielichtige Persönlichkeit hohen Ranges.

Der Autor schickt den Ermittler auch nach Marokko und lässt den Eindruck entstehen, dass es dort nichts zu tun gibt außer sich in den nächsten Schatten zu flüchten. Aber nie in das Land auf dem das Hauptaugenmerk liegt – in den Iran. „Im Iran gibt es wie überall auf der Welt Verbrechen“. Die Revolutionsgarde und der VEVAK, der Nachrichtendienst, kontrollieren das Land. Jede Diktatur braucht den Terror, um den Fortbestand zu sichern. Doch im Iran übersteigt er das notwendige Maß. Im Iran ist alles politisch ist der allgemeine Tenor, der sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch hindurch zieht. Fast scheint es als gäbe es das ungeschriebene Gesetz für alle Ausländern, den Iran besser nicht zu bereisen. Aber es handelt sich hierbei ja nicht um eine Reiselektüre, sondern um einen äußerst spannenden Thriller.

Alles beginnt mit einem harmlosen Auftrag, mit einem Toten, der zunächst nichts mit der Sache zu tun zu haben scheint, mit geschmuggelten Kunstsammlungen aus dem Iran und führt über eine Entführung und Waffenschiebereien quer durch Syrien und den Libanon hin zu lebensbedrohlichen Situationen. Die Auflösung zeigt sich spannend, dennoch aber ziemlich abrupt und endet in einem Feuerwerk an Gewalt, Brutalität und Erpressung.

Das Werk lässt den Iran und seine Machthaber in Teheran als rücksichtslose Diktatur und verstricktes Machtgefüge erscheinen, ohne aber detailliert auf Hintergründe und politische Verhältnisse einzugehen. Schließlich handelt es sich ja auch nicht um ein politisches Sachbuch. Es empfiehlt sich vor der Lektüre des Buches die Erinnerungen an die Umstände im Iran in den letzten Jahren wachzurufen, um die Zusammenhänge im Herkunftsland des Hauptakteurs mit einbeziehen zu können.

Wer bis jetzt noch nicht von der Allmacht einer Diktatur überzeugt gewesen ist, der sollte es spätestens nach der Lektüre des Buches sein. Eine Regierung, die ihre Hände in kriminelle Machenschaften steckt und vor keiner Grausamkeit zurückschreckt. Gemeinsam mit dem VEVAK, der sich aller Mittel bedient. Was jedoch die Frage aufwerfen könnte, inwiefern sich dieses groß von anderen Organisationen der Art unterscheiden sollte.

Am Ende der Lektüre steht der Leser aber auch vor tiefgründigen Fragen. Wie zum Beispiel der, ob sich mit Waffenhandel oder auf dem Finanzmarkt das Geld beinah im Schlaf verdienen lässt. Und wenn ja, zu welchem Preis man sich ein luxuriöses Leben erkaufen muss. Steht hinter der Kulisse so manch kühl kalkulierenden Geschäftsmannes ein familiärer Mensch, der seinen Zwängen derart ausgeliefert ist, dass diese über dem Interesse der Familie stehen. Selbst wenn sie davon erheblich bedroht wird.

Ein spannend geschriebenes Buch mit vielen Überraschungseffekten, Ortswechseln, vielseitigen Handlungspersonen und Einblicken in die unterschiedlichen Charaktere der Menschen. Spannend verfasst und zum Denken anregend in vieler Hinsicht.


Die Kunst des Sterbens von Chris Morgan Jones, Heyne-Verlag, ISBN 978-3-453-41072-5, www.heyne.de