Montag, 9. November 2015

Der Verkehrsfunk kann Leben retten





Ich denke, ich habe das einzig richtige in so einem Moment gemacht. Obwohl ich nach zwei Stunden im Stau endlich wieder freie Fahrt hatte und wirklich nach Hause wollte, habe ich mich bis zur nächsten Ausfahrt hinter einem Lastwagen versteckt, um dann ganz leise still und heimlich zu verschwinden. Eine Ausfahrt weiter hätte es sein können, dass mir der Geisterfahrer begegnet. Da spielt doch Zeit keine Rolle. Ich bin also runter und wollte die Meldung "der Geisterfahrer hat die Autobahn verlassen" abwarten. Was folgte war eine Unfallmeldung an der Stelle und ich erkenne wieder einmal, wie wichtig es ist, während der Reise mit dem Auto den Verkehrsfunk abzuhören. Was hättet ihr gemacht, wärt ihr weitergefahren? Äußerst rechts, nebeneinander und mit verminderter Geschwindigkeit oder wärt ihr auch abgefahren? 

Ich bin ein wenig erschrocken. Dabei ist mir dieser Termin vor einiger Zeit in den Sinn gekommen. Verkehrsfunk kann wirklich Leben retten. In diesem Sinne wünsche ich Euch allen allzeit gute Fahrt und an dieser Stelle auch von mir ein herzlicher Dank an den Verkehrsfunk Bayern.

Den Bayerischen Verkehrsfunk gibt es nun schon über 40 Jahre und genau an seinem 40. Geburtstag feierte mit ihm eine junge Frau ihren Zweiten  - in gewisser Weise. Vielleicht hat sie es der prompten Reaktion der Redaktion zu verdanken, wenige Tage nach einem Vorfall auf der Autobahn überhaupt noch ihr 30-Jahresjubiläum feiern zu können.

Vor 40 Jahren startete also der Verkehrsfunk sein Magazin "Gute Fahrt und Gute Reise". Blickt man heute auf die Arbeitsweise damals zurück, wird deutlich wie viel sich in der relativ kurzen Zeit in technischer Hinsicht entwickelt hat. Zwei Telefone nebeneinander, um halb sechs begann man zu telefonieren. Alle bayerischen Polizeidirektionen wurden einzeln angerufen, die Informationen auf einer mechanischen Schreibmaschine abgetippt und dem Moderator ins Studio getragen. Halbstündlich liefen die Meldungen über Bayern 3, der ersten Servicewelle Deutschlands. Auch die Polizei hörte mit. Schließlich mussten sie überprüfen, ob die durchgegebenen Meldungen der Richtigkeit entsprachen. Der Slogan lautete: "Ich weiß mehr vom Verkehr durch Bayern 3".

Heute stammen die Verkehrsinformationen aus einem Sammelsurium an Details aus der Landesmeldestelle, Meldungen der Induktionsschleifen, der Bordcomputer und Staumeldern. An verkehrsreichen Tagen werden an die tausend Verkehrsmeldungen verarbeitet. Die Informationen sind nicht nur im Radio, sondern auch im Internet und im Bayerntext abrufbar. Und - hätten Sie es gewusst - auch die TMC-Meldungen in den Navigationsgeräten werden in den Verkehrsredaktionen der Radiosender freigegeben. Der Verkehrsfunk ist mit allen wichtigen Quellen über PC vernetzt und in der Lage, Gefahrenmeldungen binnen Sekunden ins Radio zu bringen und TMC-Meldungen an die Navigationsgeräte zu übermitteln.

Die in den Fahrbahnen integrierten Induktionsschleifen liefern Informationen darüber, wie viele Fahrzeuge derzeit dort unterwegs sind und über deren Geschwindigkeit. Auch die in den Lkw`s installierten Bordcomputer erfassen diese Daten, anhand derer das Verkehrsaufkommen an den besagten Stellen aktuell gemeldet wird. Die gesammelten Daten geben Aufschluss über die Verkehrslage in Bayern - und das in Echtzeit.

Die meisten Informationen an den Rundfunk kommen von der Verkehrsmeldestelle der Polizei in Bayern, hinzu kommen in Zusammenarbeit mit dem ADAC noch einige hundert Meldungen von Lastwagenflotten. Waren das in den 80er Jahren noch 60 Meldungen pro Tag, so sind es heute 60 innerhalb einer Stunde. Während zu den Anfangszeiten der aktive Verkehrsteilnehmer Meldungen über die Notrufsäulen durchgeben musste, bedient sich der Verkehrsfunk heute einer wachsenden Anzahl an so genannten BayernDrivern. Die mit einer Staumeldernummer versehenen freiwilligen Verkehrsteilnehmer melden über ihr Handy auf der Fahrbahn liegende Gegenstände oder Geisterfahrer an die Landesmeldestelle. Dort werden die Informationen weitergeleitet und in Windeseile im Hörfunk übertragen.

Wie schnell das geht, konnte erst kürzlich Jörg G. aus München erfahren. Er meldete einen Geisterfahrer, innerhalb weniger Sekunden, lief schon die Durchsage im Radio. Die 29-jährige Theresa S. aus München fuhr zu dieser Zeit auf der Autobahn A 96 von Lindau Richtung München, als ihre Lieblingssendung auf Bayern3 von einer Geisterfahrermeldung unterbrochen wurde. Sofort realisierte sie, dass der sich genau auf ihrer Strecke befinden musste. Sie verlangsamte ihr Tempo und fuhr auf die rechte Spur. In diesem Moment sah sie auch schon die Polizei mit Blaulicht hinter sich und auf der Überholspur gerade noch die Lichter des entgegenkommenden Fahrzeuges.

Aber nicht nur Meldungen über Falschfahrer laufen über den Äther, sondern auch Informationen über erhöhtes Verkehrsaufkommen. Momentan verzeichnet man 400.000 Kilometer Stau jährlich, was der Entfernung von der Erde bis zum Mond entspricht. Prognosen deuten darauf hin, dass im Jahr 2025 noch zwanzig Prozent mehr Autos auf den Straßen unterwegs sein werden. Bedingt durch die Mobilität im Beruf und die vielfältigen Hobbies sowie dem Trend zu mehr Kurzurlauben. 

Die Möglichkeiten, sich darauf einzustellen sind vielfältig. Zunächst einmal werden die gelieferten Daten aus den Lkw`s im Verlauf der nächsten Jahre noch mehr zunehmen. Zahlreiche digitale Angebote ermöglichen eine noch schnellere Übertragung und Auswertung.

Die besonders schwierige Aufgabe wird allerdings in Zukunft darin bestehen, die relevante Auswahl an den gesammelten Informationen zu treffen. Schließlich wollen die Verkehrsteilnehmer nicht im Minutentakt mit Meldungen überhäuft werden. Auch wenn sich Therese S., wie sie Bayern 3 in einer E-Mail mitteilte, nie wieder darüber ärgern wird, wenn ihre Sendung durch eine Verkehrsmeldung unterbrochen wird. "Ihr rettet damit Leben!"


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